Text: Tabula Rasa

Gleißende Sonne prallt auf den schwarzen Asphalt. Die Luft flimmert und ist erfüllt von vielen Stimmen verschiedener Menschen.
Über den Asphalt rollt ein Wagen, ein Porsche; Cabrio. Gelb; Lamborghinigelb. Das Verdeck ist offen. Musik dringt aus den Ritzen der Boxen. Ein Typ sitzt drin. Die Mädchen unter uns würden sagen, er ist interessant. Gel in den Haaren, Sonnenbrille auf der Nase, ein Lächeln im Gesicht.
Die Farbe des Wagens, die Lautstärke der Musik und das Dröhnen des Motors zwingt die Menschen, sich den Fahrer genauer anzusehen. Frauen und Mädchen bleiben interessiert und verwundert stehen, Männer und Jungs schauen ihm verächtlich und neidisch nach. Elegant bleibt der Wagen neben einer Gruppe Mädels stehen. Eines von ihnen beugt sich herunter und spricht ihn an.
Zu laut ist der allgemeine Pegel der Geräusche, wir können nicht verstehen was sie sagen. Zu kennen scheinen sie sich nicht, aber faszinierend finden sie sich. Sie nickt, verabschiedet sich von ihren Freundinnen und steigt in das Gefährt. Reifen quietschen, ein Jauchzen ertönt und Haare flattern. Unauffällig folgen wir ihnen.
Rasant ist das Tempo, rastlos die Fahrt. Schnell ist die Stadt verlassen, Meer und Strand säumen den Straßenrand. Der Wagen biegt ab und verschwindet. Dezent bleiben wie hier oben, lassen die beiden alleine. Was dort passiert, liegt in unserer Phantasie.
Zeit vergeht, langsam neigt sich der Tag dem Ende. Wir hören ein Aufheulen des Motors, der Porsche rauscht vorbei. Unweit der Stelle, an der wir unserem Freund begegnet sind, steigt das Mädchen aus. Es küsst ihn noch einmal und geht strahlend davon. Auch sein Grinsen ist nicht zu verachten. Zu gerne würden wir dem Mädchen folgen, doch es ist nicht ihre Geschichte, die hier erzählt werden soll. Schweren Herzens folgen wir dem Porsche und seinem Fahrer. Sein Weg führt uns von der Küste weg, in ein weniger beliebtes Viertel. Dunkel ist es und niedere Gestalten treiben sich hier herum. Vor einem kleinen heruntergekommenem Haus hält der Wagen an. Das Verdeck schließt sich, der Motor geht aus. Unser Mann steigt langsam aus, sieht sich um und verschwindet unauffällig hinter der Tür. Wieder vergeht die Zeit, die Straße liegt wie ausgestorben da und uns wird langsam kalt.
Die Raucher unter uns hinterlassen kleine Häufchen von Zigarettenstummeln. Plötzlich geht die Tür auf, ein Anzugmann tritt heraus. Elegante Schuhe, dunkles Sakko, gestriegelte Haare. Der Anzug und der Aktenkoffer lassen den Mann fremd erscheinen. Doch ein Blick in das ernste, fast traurige Gesicht lässt uns erkennen, dass das unser Porschefahrer ist. Verstohlen sieht er sich um, schließt den Wagen auf und steigt ein. Langsam fährt der Wagen an.
Die Strecke, die das Auto nun fährt, ist uns unbekannt. Die Häuser am Straßenrand werden älter, teurer, nobler. Plötzlich biegt der Wagen in einen Parkplatz ein. Langsam rollt das Auto in eine Reihe von anderen teuren und schnellen Wagen. Ein älterer Herr kommt auf den gelben Flitzer zu. Unser Mann steigt aus, nimmt seinen Aktenkoffer aus dem Auto und drückt dem Herrn die Schlüssel in die Hand.
„Guten Abend, wie war die Fahrt?“
„Sehr schön, vielen Dank.“
„Zufrieden?“
„Ja, aber ich überlege es mir noch mal.“
Der Herr nickt.
„Trotzdem vielen Dank für die Probefahrt.“
Wieder ein Nicken. Die beiden schütteln sich die Hände, dann verlässt unser Mann den Parkplatz und begibt sich in eine Seitenstraße. Langsamer werden die Schritte, aufmerksamer der Blick. Ein letztes aufmerksames Umsehen, dann steigt der Mensch in einen alten, verrosteten Fiat, der am Straßenrand steht. Schwer hustend springt der Wagen an und fährt davon, zurück bleibt eine dunkle Abgaswolke und das Verhallen des knatternden Motors.

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Kommentare

  1. Avatar von kasumi

    mich bekommt man nicht mit nem auto rum.

  2. […] wollte ich – nach langer Zeit mal wieder – einen Text ( Tabula Rasa ) bei den Textdieben veröffentlichen. Doch kommt statt der normale Seite das […]

  3. Avatar von annajuliana

    ich kann leider mit dem Text nicht sooo viel anfangen.
    Die „Wir“-Position ist irgendwie nicht meins.

    Ansonsten stimme ich kasumi zu.
    Leute auf Autos reduzieren ist auch nichts für mich.
    Fänd nen Mann in nem rostigen Fiat wahrscheinlich noch interessanter als nen Porschetypen.

    1. Avatar von faby
      faby

      🙂 Ich würde euch beide auch nicht zu der Art Mädchen zählen, die bei so einem Jungen ins Auto springen würden.

  4. Avatar von Jenny
    Jenny

    Ich fand den Text damals auf dem Poetry Slam schon sehr interessant. Es gibt solche und solche Leute. Und die Geschichte ist eine wunderbare Interpretationsvorlage und regt zum nachdenken an. Automatisch regen sich bei mir die Fragen: würde ich auch so interessiert zum Auto schauen? Wie würde ich den Menschen einschätzen, der hinter dem Steuer sitzt? Wieso die ganze Show? Was steckt hinter dem Mann? …usw.
    Sehr angenehme Erzählweise.

  5. Avatar von faby
    faby

    Ci-Jou Kommentare:
    1. Gummibroetchen
    12. Juli 2009 um 13:14Uhr

    Überraschendes Ende! Gefällt mir! Wer schlüpft nicht mal gern in eine andere Haut, umgibt sich mit geborgtem Glanz? Solange die “Hochstapelei” sich in solchen Grenzen hält, und solange es Mädchen gibt, die mehr auf die Schale gucken als auf den Kern …
    2. Marianne SEB
    13. Juli 2009 um 09:28Uhr

    Mehr Sein als Schein sagt dieser Artikel.
    Schön geschrieben, auch deshalb, weil man das Ende so nicht erwartet hat.
    3. Anneli Nelly
    17. Juli 2009 um 18:48Uhr

    Wunderbar geschrieben. Die Leichtigkeit und das Ende einer Illusion ist toll dargestellt.
    Anneli

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