Wie Nina George und der VS unser Internet kaputt machen

Das EU-Parlament hat für eine dubiose Urheberrechtsreform gestimmt, und ich finde es ziemlich scheiße, weil es komplett gegen meine Vorstellung von einem freien Internet und von Kreativität geht. Noch viel schlimmer aber ist die Freude von Nina George und des Verbands der Schriftsteller (VS).

Vor zwei Jahren hielt Nina George eine Rede bei den Leipziger Buchtagen, die extrem polemisch und problematisch war und tatsächlich nur dazu diente, Menschen Angst zu machen. Seitdem wird Frau George in Schriftstellerkreisen als Sprachrohr der armen und ausgebeuteten Schriftsteller gesehen und ist in dieser Funktion Mitglied des Bundesvorstandes des Verbandes deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS) und Beauftragte für das Ressort Urheberrecht. Wie im oben verlinkten Artikel ausgeführt, finde ich ihre Argumentation sehr gefährlich.

»Seit siebzehn Jahren warten Europas Kreativschaffende und ihre Branchenpartner auf eine rechtliche Grundlage für gerechte Vergütungen bei der Nutzung ihrer Werke im Internet. Die Entscheidung des Parlaments ist ein dreifaches Ja: zur Verantwortung, zur Kulturvielfalt im Internet, aber auch zum Schutz und zur Freiheit der Verbraucherinnen und Verbraucher«, so Nina George, Mitglied des Bundesvorstandes und Beauftragte für das Ressort Urheberrecht.

Aus der Pressemitteilung des VS

Die Urheberrechtsreform wird hier als große Neuerung und Verbesserung angepriesen, und scheinbar gibt es besonders unter den schreibenden Menschen die Hoffnung, endlich von ihren Werken leben zu können. Ich glaube, dass Nina George genau deshalb so viel Zustimmung erfährt. Jeder will endlich für seine Werke gerecht entlohnt werden, und diese Reform soll das richten. Aber das wird nicht passieren.

Wir brauchen nicht darüber reden, dass Diebstahl und Piraterie illegal sind und nicht passieren sollten und wir Wege finden müssen, diese zu unterbinden oder wenigstens für Nutzer unattraktiv zu machen. Aber die Lösungen, die in der aktuellen Reform angesprochen werden, werden nicht funktionieren.

Die „gerechte Vergütung“ soll einerseits über das Leistungsschutzrecht erreicht werden, andererseits über die Inpflichtnahme der sozialen Netzwerke und Plattformen, die von Usern hochgeladenen Dateien vorab auf Urheberrechtsverletzungen zu überprüfen und die Veröffentlichung zu unterbinden. Im folgenden Uploadfilter genannt.

Uploadfilter sollen also verhindern, dass illegale Dateien verbreitet werden. Ein Algorithmus entscheidet, ob die hochgeladene Datei eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Ähnliche Filter setzen YouTube, Instagram und Facebook schon länger ein, um beispielsweise Bilder von weiblichen Nippel zu unterbinden. Problem ist: Bisher gibt es keinen Algorithmus, der das richtig kann. Stattdessen bremst YouTube eine Kampagne gegen Sexismus aus, und Facebook löscht nicht nur „echte“ Nippel, sondern weist auch Bilder von Kulturgütern wie alten Gemälden ab, sodass es Museen erschwert wird, sich in den sozialen Medien und nah an einer jungen Zielgruppe zu vermarkten.

Es wird noch lange keinen Algorithmus geben, der zwischen einem Zitat, eine Parodie, einem Remix oder eben einer wirklichen Verletzung unterscheiden kann. Angesichts der hohen Strafen für die Plattformen bei Verletzung des Gesetzes werden diese ihre Filter eher schärfer einstellen und lieber zu viel filtern. Das bedeutet vielleicht weniger illegale Kopien geschützter Werke in den sozialen Netzwerken. Das bedeutet aber auch, dass beispielsweise gifs nicht mehr hochgeladen werden können, wir im Zweifelsfall keine Bilder von schönen Buchcovern mehr machen können, mit denen wir unsere Instagramkanäle füllen und Frau George keine Werbung mehr für schreibende Kolleginnen unter dem Hashtag #Autorinnenzeit machen kann, weil diese Screenshots als Urheberrechtsverletzung gedeutet werden könnten.

Gewiss, auf einigen Plattformen könnten weniger illegale Kopien zu finden sein. Aber eben auch alles andere, das unsere Art, zeitgemäß zu kommunizieren ausmacht. Und es bedeutet nicht, dass es keinerlei Piraterie mehr gäbe. Weil die Verteilung über diese Plattformen nur einen Teil der Vertriebswege ausmacht. Die Portale, die schon jetzt nur für die illegalen Kopien existieren, werden sich nicht an dieses weitere Gesetz halten. Und wenn jemand etwas illegal und kostenlos haben will, wird er einen Weg finden.

Das Leistungsschutzrecht, welches nun EU-weit eingeführt werden soll, gibt es schon seit 2013 in Deutschland. Es sollte dazu führen, dass Verlage und Autoren besonders von Google an den Werbeeinnahmen beteiligt werden, die Google durch die Verwendung von Textabschnitten (Snippets) und Verlinkungen generiert. Schon damals wurde davor gewarnt. Es wurde dennoch durchgesetzt. Google drohte damit, keine Links mehr zu den Medienhäusern und Verlagen zu setzen. Dann:

Kurz vor Inkrafttreten des Leistungsschutzrechts wurde am 30. Juli 2013 bekannt, dass viele der stärksten Befürworter des Gesetzes, darunter die Verlage Axel Springer, Burda und FAZ, durch Annahme des von Google geforderten „Opt-In“ einer weiteren unentgeltlichen Listung in Google News zugestimmt haben.

Aus dem Wikipediaartikel

Heißt: Der Schaden für die Verlage wäre größer, wenn sie gar nicht bei Google auftauchen würden, als dass sie es kostenlos tun. Und dieses neue Gesetz soll nun in der ganzen EU dafür sorgen, dass die Verlage und Autoren mehr Geld bekommen? Meine Vorhersage: Google bekommt wieder seine Gratislizenz der meisten Verlage, weil sie es sich nicht leisten können, nicht von Google gelistet zu werden. Aber die Verschärfung führt dazu, dass kleinere Anbieter nicht mehr auf die Verlage verlinken werden. Im schlimmsten Fall kann ich bei einer Buchbesprechung nicht mehr auf den Verlag verlinken, weil ich nicht dafür zahlen kann und möchte. In meinen Augen verlieren die Verlage dadurch mehr, als sie verdienen könnten. Und selbst, wenn sie etwas verdienen sollten, gingen knapp zwei Drittel aller Einnahmen im deutschen Raum an die Axel-Springer-Gruppe. Es sind also mitnichten die kleinen (Buch-)Verlage und Autoren, die durch diese Regelung besser bezahlt werden würden. Eine von der EU-Kommission zurückgehaltene Studie kommt zu dem Ergebnis, dass das bereits existierende Leistungsschutzrecht der deutschen Medienlandschaft schadet und die Ausweitung desselbigen all das nicht besser macht.

Seit Monaten versuchen mehrere Gruppen, unter anderem unter dem Begriff #savetheinternet, auf genau diese Probleme hinzuweisen und zu warnen.

Der VS und Nina George nennen diese Aufklärung „Desinformationskampagne“ und „von Techgiganten inszenierte Meinungsmache“ und stellen diese „als Gefahr für demokratische Prozesse“ dar. Dabei ist es genau andersherum! Vielleicht werden ein paar illegale Vertriebswege gesperrt. Die „Anbieter“ werden sich neue suchen. Gleichzeitig aber wird vieles kaputt gemacht, was Teil des Internets ist, in dem ich mich gerne aufhalte und einen signifikanten Teil meiner Art zu kommunizieren darstellt. Dieser demokratische Dialog wird gestört.

Nicht falsch verstehen: Auch ich bin für eine Veränderung des Urheberrechts, für eine Unterbindung illegaler Aktivitäten und sehe die Macht großer Firmen kritisch. Es gibt viele verbesserungswürdige Dinge, Dinge für und gegen die wir uns einsetzen müssen. Aber nicht auf die Art und mit dem Kollateralschaden, den diese Reform mit sich zu bringen droht.

Die Buchbranche hat seit Jahren Angst um ihre alten und eingefahrenen Vertriebswege, und sie wiederholt die Fehler der Musik- und Filmindustrie. Sie klammert sich an jeden Versuch, auf irgendeine Art noch mit alten Strukturen Geld zu verdienen, statt sich der Aufgabe zu stellen, in unserem neuen Alltag Wege zu finden, das Buch zu vermarkten.

Die Freude von Nina George und des VS scheint mir ein Teil dieses Festklammerns zu sein. Das macht mich sehr traurig, weil ich mir von einem Verband schreibender Menschen mehr erhofft habe.

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Kommentare

8 Antworten zu „Wie Nina George und der VS unser Internet kaputt machen“

  1. Avatar von Andreas Weidinger
    Andreas Weidinger

    Lieber Herr Neidhardt,

    Ihre eigene Meinung zur Sache ist Ihnen unbenommen. Wenngleich ein Studium der Primärquellen sicher helfen würde, die ein oder andere inhaltliche Unschärfe auszubügeln.

    Offenbar kennen Sie z.B. nicht die Artikel u.a. von Herrn Rieck in der FAZ zur Frage, mit welchen Mitteln die Auseinandersezung um die Abstimmung in Brüssel geführt wurde. http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/eu-urheberrechtsabstimmung-anatomie-eines-politik-hacks-15743044.html

    Den letzten Text, der in Brüssel abgestimmt wurde, scheinen Sie auch nicht zu kennen, sonst würden Sie sich nicht so stark am Begriff der Uploadfilter abarbeiten.

    Übrigens geht es bei der Debatte nicht um die Bekämpfung von Piraterie, sondern im Kern um die gesellschaftliche Verantwortung monopolistischer Plattformen.

    Das alles ist zugegeben komplex und man kann in gewissen Punkten durchaus anderer Meinung sein.

    Was mich aber wirklich traurig macht – um bei Ihrer Diktion zu bleiben – ist die Art, wie der Diskurs geführt wird. Ihr Text ist dafür ein gutes Beispiel. Sie starten ernsthaft einen ad-hominem-Angriff gegen eine Kollegin und verpacken diesen noch in eine reißerische Überschrift.

    Entweder haben Sie ein persönliches Problem mit Frau George. Das ist Ihnen unbenommen, trägt zum sachlichen Diskurs aber rein gar nichts bei. Oder es ist völlig an Ihnen vorbei gegangen, dass die von Frau George vertretenen Positionen – auch in ihrer manchmal zugespitzt formulierten Form – nicht nur vom VS, sondern so gut wie allen dt. Dachverbänden der Kultur, Landesmusikräten, dem dt. Musikrat, verschiedenen Kulturräten etc. mitgetragen werden (sie alle haben sich explizit FÜR die neue EU-Richtlinie ausgesprochen – von den Berufsverbänden und deren Dachverbänden ganz zu schweigen). Was es umso absurder macht, dass Sie Ihre Kritik auf eine Person und einen Verband fokussieren.

    Ganz ehrlich: So sieht kein vernünftiger Diskurs aus. Das erinnert eher an jemanden, der bei einem Erdbeben neben dem Türrahmen steht und seinen Nachbarn, der im Türrahmen steht, für die Schäden verantwortlich macht.

    Mein Vorschlag daher: Sachlich bleiben, versuchen, sich ausgewogen zu informieren und seine Energie nicht öffentlich in Privatfehden investieren. Dann klappt´s vielleicht auch mit einer „Veränderung des Urheberrechts“, die nicht zu Lasten der UrheberInnen geht. Ein Ziel, das Sie ja wie Sie sagen im eigenen Interesse auch anstreben.

    1. Avatar von Fabian Neidhardt
      Fabian Neidhardt

      Lieber Herr Weidinger,

      vielen Dank für Ihren Beitrag, Ihre Zeit und die Worte. Ich freue mich und in vielen Momenten stimme ich ihnen zu. Ja, ich nutzte eine polemische Überschrift und nenne Frau George als polarisierendes Leuchtfeuer innerhalb der Buchbranche. Ich habe keinerlei Problem mit Frau George, unsere Konversation verläuft auf einem höflichen Niveau. Aber ich habe ein Problem mit ihrer Art, Panik zu machen und durch Polemik Dinge anzuheizen.

      Der Artikel in der FAZ – nebenbei: Der Verfasser Volker Rieck ist Inhaber der Firma File Defense Service, er verdient sein Geld damit, die Angst vor Piraterie zu schüren, um dann sein Produkt verkaufen zu können – sagt, es gehe nicht um Uploadfilter, sondern um die Lizenzierung von Produkten und die Vermeidung von Urheberrechtsverstößen.

      „Der Plattform wäre nur eine Transparenzpflicht auferlegt worden, um die Lizensierung nachvollziehen und die dafür geleisteten Zahlungen korrekt an die jeweiligen Rechteinhaber weiterleiten zu können. Würde eine Plattform eine solche Lizenzvereinbarung nicht abschließen wollen, dann wäre sie nach der EU-Richtlinie zumindest dafür verantwortlich, den eigenen Laden sauber zu halten. Wie die Plattform das vollzieht, ist ihr selbst überlassen. Sie müsste aber eben Urheberrechtsverletzungen verhindern.“

      Aber der Artikel schweigt sich vollkommen darüber aus, wie das vollzogen werden kann. Die bisher einzig bekannte Lösung sind eben solche Erkennungssysteme aller Uploads, die bei einer nicht erfolgreichen Lizenzierung die Datei entfernen müssen. Die RL wäscht sich die Hände rein und sagt, wir haben nie was von Filtern gesagt!

      Natürlich wäre es schön, ganz sachlich zu diskutieren. Nicht als Entschuldigung, aber als Erklärung: Wenn ich so viel Polemik erlebe, kann ich nicht anders, als genauso polemisch zu reagieren.

      Nochmal, Danke für Ihre Zeit und die Worte. Es freut mich, Sie kennenzulernen.

      Lächeln, Fabian Neidhardt

  2. Avatar von Janet Clark
    Janet Clark

    Hallo Herr Neidhardt,
    ich bin über Ihre reißerische Überschrift entsetzt, die fachlich vollkommen falsch und tatsachenverzerrend Nina George als Zerstörerin des Internets anprangert. Jeder, der die Entwicklung der EU Urheberrechtsreform mitverfolgt hat, weiß, dass diese in einem demokratischen Prozess durch das EU Parlament veabschiedet wurde, und das mit großer Mehrheit. Im Rahmen dieses Prozesses haben die Befürworter sowie die Gegner der Reform ihre Meinung kund getan und in Form von Lobbyarbeit versucht, die Abgeordneten von ihrer Sichtweise zu überzeugen. Ein völlig normaler und legitimer Vorgang in einem funktionierenden demokratischen System. Dabei haben neben Nina George und dem VS etliche andere Verbände und Institutionen ebenfalls für die Novelle gekämpft – und das nicht nur in Deutschland. Dies nun so darzustellen, als haben Nina George und der VS im Alleingang „das Internet kaputt“ gemacht, ist nicht nur sachlich falsch, sondern hochgradig lächerlich – von der Behauptung, die Novelle mache das Internet kaputt mal ganz abgesehen. Aber wenn Sie persönlich das so sehen, dann ist das eben Ihre Meinung.
    Ihre Überschrift dagegen ist mehr als das – es ist in meinen Augen ein bewusst platzierter, agressiver Akt der Rufschädigung einer Person, die sich seit Jahren ehrenamtlich und mit großem Einsatz für die Rechte von AutorInnen einsetzt. Ob Sie nun den Namen gewählt haben, weil Sie ein persönliches Problem mit Frau George haben, oder weil Sie sich über die Nennung des Namens einer internationalen Bestsellerautorin eine höhere Reichweite und Aufmerksamkeit erhoffen, das wissen nur Sie selbst. Ihre Leser jedoch, zumindest diejenigen, die sich mit demokratischen Prozessen auskennen und über den Tellerrand hinausschauen können, werden diesen persönlich diffamierenden Angriff auf George als genau das erkennen was er ist: Ein peinlicher Schrei nach Aufmerksamkeit.
    Schade, dass ein Mann, der mit einem Lächeln grüßt, auf derartig verletzende Mittel zurückgreifen muss.

    1. Avatar von Fabian Neidhardt
      Fabian Neidhardt

      Liebe Frau Clark,
      zuallererst, danke für Ihren Kommentar. Tatsächlich ist es eine polemische Überschrift und Nina George sowas wie eine Gallionsfigur für die (Urheber)Rechte schreibender Menschen. In vielen Dingen sind wir einer Meinung, in anderen überhaupt nicht. Sodass dieses nicht das erste Mal ist, dass ich mich an der Polemik und Rhetorik von Nina George abarbeite. Sie weiß das, wir sind in Kontakt und werden das demnächst besprechen.

      Es tut mir leid, wenn Sie die Überschrift entsetzt oder verletzt. Das ist nicht meine Absicht.

      Ihnen alles Gute, Lächeln, Fabian Neidhardt

  3. Avatar von Rolf Silber
    Rolf Silber

    Lieber Fabian Neidhardt

    ob der Antrag des EU-Parlaments in allen Aspekten der Weisheit letzter Schluß ist, kann man getrost aussen vor lassen – er wird sich im anstehenden Trilog zwischen Parlament, Kommission und Ministerrat ohnehin erheblich verändern. Steht zu befürchten oder zu hoffen – je nach dem. Dass es bei dieser Reform des Urheberrechts um sehr viel mehr geht, als die Nöte von Autoren oder Verlagen, wäre eventuell wichtig zu berücksichtigen: Fotografen, Designer, Grafiker, Drehbuchautoren, Regisseure, Komponisten und die jeweils zugehörigen Leistungsschutzberechtigten stellen sowohl in Kopf- wie in Umsatzzahlen eine weitaus grössere Gruppe als die schreibende Zunft dar.

    Und auch diese begrüßen den jetzigen Antrag zumeist – trotz einiger Mängel die er im Detail haben mag. Aus dem einfachen Grund nämlich, dass zum ersten Mal sowas Ähnliches wie Waffengleichheit mit den grossen Plattformen hergestellt werden könnte. Wie das alles später geregelt wird, ist dabei für den Moment relativ unerheblich. Meine Vermutung geht auf kollektive Abgeltung, ein System, das erprobt und für alle Beteiligten „machbar“ sein wird, ausser für solche, die keines guten Willens sind. Der sich gerade erhebende Alarm und die Uploadfilter-Hysterie ist also weitgehend überflüssig, besser: Interessengesteuert. Das Internet geht daran kein bisschen kaputt, es wäscht sich höchsten mal die Ohren.

    Darum finde ich ihre ad-hominem-Attacke auf Nina George ziemlich unappetitlich. Der reisserische Titel alleine klingt eher nach Markierungsbiss fürs Shitstorm-Rudel. Sollte das „ihr“ Internet sein, würde ich dem keine Träne nachweinen. Und auch ihre wenig wissende Abqualifizierung von Volker Rieck klingt eher nach paste-copy von Steckbriefen aus dem piratösen Umfeld, wo er nach seiner minutiösen und bisher nie sachlich widerlegten Recherche gerade als Butzemann der Digitalreligösen firmiert.

    Alles etwas tiefer hängen und persönliche Attacken unterlassen und vor allem sich nicht hinter einem Ironievorbehalt verstecken, wenn man gerade ausgeteilt hat.

    Rolf Silber

    1. Avatar von Fabian Neidhardt
      Fabian Neidhardt

      Lieber Rolf Silber,

      ich mag Ihre ruhige, sachliche Art der Resonanz und bedanke mich dafür. Natürlich haben Sie Recht und die Buchbranche ist nicht der einzige Bereich, für den diese Reform relevant ist. Aber sie ist der Bereich, in dem ich mich umtreibe und in dem mir reisserische Artikel und Überschriften auffallen.

      Vielleicht haben Sie sogar Recht und im Endeffekt bleibt alles, wie es ist, nur eben ein wenig gerechter. Aber ich kann mir gerade nicht vorstellen, wie das passieren könnte. Ich Vielleicht sehe ich auch nur nicht all die Vorteile dieser Reform. Aber die ‚einigen Mängel‘ scheinen mir viel zu groß und eingreifend, als dass sie so hätten darin vorkommen dürften. Und ich glaube nicht, dass die Reform die große Lösung für die Übermacht der Plattformen und alle Urheberrechtsverletzungen im Internet sind.

      Ich kenne Volker Rieck nicht. Aber seine Firma, „die für den Schutz von Werken und Urheberrechten im Internet eintritt“, wie es unter dem Artikel in der FAZ steht, ist eben immer noch eine Firma, die damit Geld verdient, dass Menschen Piraterie als große Gefahr ansehen.

      Wir können ja alle gemeinsam damit anfangen, alles etwas tiefer zu hängen.

      Lächeln, Fabian Neidhardt

  4. Avatar von Volker Rieck

    Guten Tag Herr Neidhardt,

    Ich unterstelle einmal, dass Sie nicht wirklich wissen, wie ich bzw. mein Unternehmen Geld verdient.
    Mit Angst leider nicht, es sind eher die nackten harten Realitäten, denen Rechteinhaber im Netz begegnen.
    Angst ist ein ganz schlechter Berater, trotzdem wird mit Angst gerade Stimmung gemacht gegen die Direktive. So viel zum Thema Einsatz von Angst.
    Wir bieten sogar einen kostenlosen unverbindlichen Scan der Verfügbarkeit von Versionen von Werken von Urhebern innerhalb der unregulierten Distribution (aka Piraterie) an.
    Das alles spielt sich in einem Bereich ab, der nichts aber auch gar nichts mit der Direktive zu tun hat.
    Dass Plattformen wie Kinox.to sich zukünftig überlegen, Filme besser zu lizenzieren als sie einfach so hochzuladen, halte ich für nicht wahrscheinlich.
    Und genau in diesem Bereich sind wir tätig. Mit denen in der Direktive gemeinten Plattformen haben wir nichts zu tun, davon ausgenommen ist die Pflege von Youtube Content ID für kleiner Filmproduzenten, die weder die Zeit noch die Kapazität haben, dieses zu tun. Aber auch das betrifft die Direktive nicht, weil Youtube das System anbietet und es den Rechteinhabern ermöglicht die Nutzung auf Youtube zu kontrollieren.
    Vieles wird nicht z. B. geblockt, bis zu einer bestimmten Länge kann auch jeder „Remixer“ mit den Filmen unsere Kunden machen, was er möchte.
    Erst, wenn wir sehen, dass lediglich 2 Minuten aus einem 120 Minuten Film herausgeschnitten wurden und dann hochgeladen werden und das dann als Fair Use verkauft werden soll, greifen die Blockmechanismen.
    Die Mechanismen, die es heute schon bei Youtube gibt und das Internet ist nebenbei immer noch intakt. Interessant oder?

    Ich habe also keinerlei persönlichen Vorteile, weder bei Art. 11 noch Artikel 13.
    Obwohl Sie das also alles nicht wissen, versuchen Sie mich in ein Licht zu rücken, wo ich nicht hingehöre. Das ist mir rätselhaft. Umgekehrt würde mir so etwas nicht einfallen.

    Ich empfehle Ihnen die genaue Lektüre der Direktive. Ich habe nämlich die Hoffnung, dass Sie dann erkennen, für wen die gemacht ist. Außer Facebook, Youtube, Vimeo oder Dailymotion gibt es da nämlich nicht mehr all zu viele User Uploaded Content Plattformen für die Direktive greift. Alles andere ist bereits ausgenommen.
    Aber möglicherweise kennen Sie noch etliche mehr. Ich wäre sehr neugierig zu erfahren, welche das wohl sein könnten.
    Genau diese eng umrissene Plattformgruppe wird zukünftig entscheiden ob sie lizenziert ( dann wird nichts gefiltert) oder es lässt. Dann muss die Plattform allerdings Sorge dafür getragen werden, dass keine Rechte verletzt werden. Das ist Sache der nicht-lizenzierenden Plattform. Wie sie es macht, da lässt die Direktive alle Freiheiten.

    Vieles in Ihren Ausführen halte ich für falsch oder für schlecht informiert. Ich habe leider nicht viel Zeit, sonst würde ich es gern noch einmal Punkt für Punkt sezieren. Nur so viel, die Rechtsprechung bin hin zum EUGH ist schon sehr viel weiter. Und die Richter haben das Recht längst fortgeschrieben.
    Aber auch das ist kein Angst Argument sondern Realität.

    Zum Schluss noch diese Bemerkung: Sie haben den Kern des Artikels nicht verstanden und das ist die Manipulation der EU durch Gruppen, die vorgeben eine Massenbewegung zu sein, es nicht sind – stattdessen von Gelder aus den USA finanziert werden.
    Mit den gleichen Methoden könnte man Pestizide oder Atomkraft promoten. Und das ist der Grund, warum ich den Artikel geschrieben habe für den ich keinen Auftrag hatte das zu tun und der mir außer einem Honorar der FAZ keinerlei finanziellen Vorteile bringt.

    Mit freundlichen Grüßen

    Volker Rieck

  5. Avatar von Ulf J. Froitzheim
    Ulf J. Froitzheim

    Herr Rieck verdient sein Geld nicht damit, dass Menschen Piraterie als große Gefahr ansehen. Sondern damit, dass er von Piraterie Betroffenen hilft, ihre Rechte zu verteidigen. Er hat es auch nicht nötig, solche Texte zu schreiben, um Leuten Angst zu machen und so Kunden zu gewinnen. Denken Sie an ihn, wenn Ihre Bücher als raubkopierte E-Books auf dubiosen Servern auftauchen.

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