Text – Regenschirme unter Dächern

Ein Liebesbrief.

Ich liege da und schreibe. Zumindest versuche ich es…
Der Stift hängt zwischen meinen Zähnen, langsam nehme ich ihn aus dem Mund und drehe ihn zwischen den Fingern. Dann fange ich an:
„Ich hasse Menschen, die mit offenen Regenschirmen unter Dächern laufen. Das ist wie … wie mit dem Auto in den Zug fahren um von einem Ort zum anderen zu kommen. Das ist wie… sich hinter einer Maske von Persönlichkeit zu verstecken und die eigene nicht benutzen. Das ist wie…“
Ich richte mich auch, schaue die geschriebenen Wörter an und zerknülle das Blatt mit einer Hand. Ich werfe es über meine Schulter und drehe mich dann auf meinem Stuhl um zu sehen ob ich den Mülleimer getroffen habe. Daneben. Egal. Ich werde es später aufräumen. Mit Schwung drehe ich mich wieder zum Tisch. Gedanken kreuzen meinen Kopf hinterlassen Ideen und Abfälle. Das eine ist von anderen schwer zu unterscheiden. Ich fühle mich nach schreiben, meine Finger kribbeln, mein Kopf ist voll und ich bekomme nichts geordnet. Noch bevor ich die Sätze zu Ende gedacht habe, werfe ich sie gedanklich weg. In Gedanken treffe ich den Mülleimer immer. Sie fühlen sich nicht richtig an. Das Blatt vor mir füllt sich mit durchgestrichenem und Einzeilern, mit kleinen Männchen an den Seiten und hieroglyphenartigen Zeichen.
Vier Buchstaben fahre ich immer wieder nach. Mit einem Ruck schiebe ich mich vom Tsch weg zum Eimer und packe den Papierball der daneben liegt. Aus dieser Entfernung treffe ich. Mein Blick verliert sich im Blau der Plastiktüte im Eimer, dann ziehe ich das Stück Papier wieder heraus, rolle zurück zum Tisch und falte es wieder auseinander „Das ist wie etwas zu schreiben, was man aussprechen sollte.“ Hier fühlt es sich richtig an. Mein Kopf formt und ich bringe es auf das Papier. Ich straffe das gefaltete Papier und stecke es in eine kleine orangene Mappe mit einem kleinen Aufkleber: Orte für Worte
Ein neues Blatt, ein neuer Anfang.
„Er kannte sie schon lange. Doch was heißt kennen, er wusste wer sie war. Hatte auch schon oft mit ihr geredet, mit dem Mädchen mit den lockigen Haaren, doch lange war sie das für sie gewesen, nur ein Mädchen mit lockigen Haaren, mit dem man an Veranstaltungen am Eingang sitzen konnte und anderer Menschen Aussehen beurteilen konnte. Doch nun…
Menschen sind wie Lieder. Manche hört man einmal und man weiß, man wird sie nie mögen. Manche hört man einmal und man ist begeistert. Man hört dieses Lied eine Zeitlang rauf und runter und im Replay doch langsam schleicht sich das Gefühl von Müdigkeit ein, es verliert seine anfängliche Faszination und man kann es nicht mehr hören. Wie man äußerlich hübsche Menschen nicht mehr sehen kann, wenn man das trostlose Innere einmal erspäht hat. Und dann gibt es die unscheinbaren Lieder. Man hört sie das erste Mal und es fällt einem kaum auf. Man hört es wenn es im Radio läuft, singt ein zwei Zeilen mit, aber richtig begeistern kann es einen nicht. Doch man hört es immer und immer wieder und langsam hört man das Innere aus den Liedern raus. Die leisen Instrumente, der Hintergrund und der Zusammenhang und langsam, so langsam das man es gar nicht merkt, ist das Lied wunderschön – wie auch die Menschen. Man sieht sie und sie sind, was sie sind: Menschen. Doch man sieht sie immer wieder, redet mit ihnen und langsam erkennt man ihre Eigenheiten, was ihnen gefällt, wie sie reden, wie die Lippen sich dabei bewegen. Man erhascht einen Blick auf ihr Inneres, und das ist wunderschön. Immer mehr öffnet sich dieses für einen. Man sieht sie sitzen auf den Bänken mit geschlossenen Augen und gelben Diskman in der Hand, geistig weit weg. Man weiß, welcher Ausdruck zu welcher Gemütslage gehört, man lernt all ihre Ticks und Macken kennen, und man fängt an sie zu lieben. Und je mehr man sie liebt und je mehr man von schönen Inneren wahrnimmt, desto schöner wird für einen auch das Äußere. Fasziniert beobachtet man den Menschen, lächelt über Bewegungen und staunt über Handlungen. Man spürt wenn diese Person den Raum betritt. Es wird heller, in einem drin. Die anderen hören zwar nicht auf zu reden, sie beachten sie nicht mal, aber du und deine Natur sind still. Jeder Gedanke, der dir durch den Kopf schießt, jedes Wort das dir über die Lippen kommt, jeder Ärger der dich auf die Palme bringt, jede gute Note die die Wolken verschwinden lässt, alles wird klein und verstummt. Denn du spürst das Hübsche, und was braucht es mehr?“
Flach liegt der Stift zwischen Papier und Hand, die darauf liegt. Ein kleines Lächeln umspielt meine Lippen. Im Grunde genommen mag ich die Menschen, die mit offenen Schirmen unter Dächern laufen, denn ohne sie hätte ich nicht angefangen zu schreiben.

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