Letzte Woche war Buchmesse und ich glaube, ich habe sie immer noch nicht ganz verdaut. Donnerstag Mittag aus einem viel zu vollem Zug auf die Messe stolpern und vier Tage lang Menschen wiedersehen, die ich ewig nicht gesehen habe. Und Menschen kennenlernen, die ich bisher nur online kannte. Oder noch gar nicht. Das waren vier wirklich volle, aber auch sehr sehr schöne Tage. Unter anderem auch, weil die Leipziger Buchmesse davor 2019 zum letzten Mal stattgefunden hat. Damals hatte ich (mal wieder) ein Manuskript, das niemand haben wollte und lief über die Messe, die immer noch voller Menschen war, die ich sehr mag, aber eben auch voller Bücher, von denen keines meins war. Und ich wusste nicht, ob sich das jemals ändern wird. Und wer ich überhaupt bin, dass ich denke, dass ich überhaupt gut genug bin, dass ein Buch von mir jemals in einem Verlag veröffentlicht wird. So war das im Frühjahr 2019.
Vier Jahre später ist gerade das zweite Buch von mir im Haymon Verlag erschienen, einem großartigen Verlag mit tollen Menschen, mit denen ich so gern zusammenarbeite. Und jetzt steht da mein Buch auf der Messe. Das war Platz 1 meiner Bucket-List, ein Buch bei einem Verlag rausbringen. Haymon, meine Agentur AVA International und so viele andere haben das möglich gemacht und ich bin voller Glück und Demut, dass das passiert. Bei allem, was in dieser Branche schief läuft und sich ändern muss, erstmal bin ich extrem froh, dabei zu sein. Ich freue mich auf Frankfurt.
Kategorie: Erinnerungen (Seite 1 von 28)
Gabrielle Zevin musste erst zehn Romane schreiben, bis sie mit Morgen, morgen und wieder morgen nicht nur meine Aufmerksamkeit erregt hat. Ein großes und großartiges Buch, hauptsächlich über Freundschaft und Beziehungen über Jahrzehnte.
Ich komme ein paar Minuten vor Lesungsbeginn und die Etage im Wittwer ist schon gut gefüllt, aber niemand hat sich bisher in die erste Reihe getraut. Also sitze ich eine Armlänge vor Gabrielle Zevin und Andrea Husak, die die Moderation übernimmt und die deutschen Passagen lesen wird.
Wir sind der erste Stopp in Deutschland, nachdem Zevin schon in Spanien war und auch letztes Jahr mit dem Buch unterwegs sein durfte. Sie weiß, was sie tut, sie kann frei erzählen und nimmt uns mit hinter die Kulissen des Buches, aber auch grundsätzlich in ihren Kopf und ihre Art, Geschichten zu erzählen. Wir schmunzeln und hören zu, nicken und lachen. Am Ende stellen sich fast alle in die Schlange für’s signieren und Zevin nimmt sich die Zeit, mit allen ein paar Worte zu wechseln.
Danke für diesen schönen Abend, gerne wieder.
Eichborn und Wittwer Thalia haben haben mir ein Presseticket zukommen lassen.
Am 15.3.23 war die Premierenlesung von „Nur ein paar Nächte“ und ich hab ein paar Tage gebraucht, um wieder richtig denken zu können. Es war so so so schön.
Bei „Immer noch wach“ war ja gar nichts möglich, weil mitten in Covid-Zeiten. Da saß ich mit Caroline Grafe im leeren Saal vor einer Kamera. Ich hab Caroline gefragt, ob sie das wieder machen würde und sie hat sofort ja gesagt. Diesmal aber saßen wir mit vielleicht 70 Menschen in der Raupe Immersatt, dem Foodsharing Café in Stuttgart. Leute standen hinten, weil es keine Plätze mehr gab! 🤯
Weil Süddeutschland meine Heimat ist, kam viel Familie, Freunde, Bekannte, ich schätze, ich kannte zwei Drittel. Und alle waren am Lächeln, alles war wohlwollend, alle waren happy. Da waren mein Vater und eine meiner Schwestern, aber auch ein paar alte Freunde aus meinem Heimatdorf, die mich seit 25 Jahren begleiten. Da waren mein Vermieter und mehrere Nachbarn, Freund:innen aus verschiedenen Phasen meines Lebens, Arbeitskolleg:innen aus verschiedenen Kontexten. Ich war am Hallo sagen und umarmen und vollkommen überdreht. Und alles hat geklappt.
Wir haben etwa 2 Stunden gemacht, inklusive Pause in der Mitte. Ein bisschen gelesen, ganz viel geredet und gelacht, der Prosaroboter war dabei und hat fleißig gedruckt. 🥰
War echt wie ein guter Geburtstag, aber ich muss nicht darauf achten, ob die Leute was zu trinken haben. Ich musste mehrmals an die Release-Party meines allerersten Romans denken, „Das Leben ist ein Erdbeben und ich stehe neben dem Türrahmen„, damals noch im Selfpublishing. Wir haben die Party im Kinosaal der Filmgalerie 451 gefeiert und es war ein ähnlich voller und schöner Abend.
Und war natürlich auch komisch, weil mein Vater da war und ich auch ein bisschen über ihn und uns geredet habe, weil ja ein guter Teil des Buches von unserer Beziehung inspiriert ist. Aber auch das hat gut geklappt. Und danach durfte ich Bücher signieren und danke sagen, weil es Menschen gefallen hat. Ich bin da vorgestern Abend strahlend, dankbar und demütig aus dem Laden geschwebt und dieses Gefühl ist immer noch da. ❤️
War ein richtig schöner Abend. Mit so viel Liebe. Wow.
Danke an die Raupe, an Caroline und an Janka Pörksen, die nicht nur den Büchertisch gemacht hat, sondern auch die Fotos. Und danke an alle, die waren oder kommen wollten. Ich würd’s sofort nochmal machen.
Ein paar Bilder und eine kürzere Fassung des Textes gibt’s auf Instagram. Signierte Exemplare gibt’s bei Pörksen.
Wie 2021, 2020, 2019 und 2018: Über Freunde, die über keine sozialen Netzwerke verfügen, kommt diese Liste. Ich liebe sie, weil sie diesen Freundeskreis trotz allen Abstands immer wieder zusammenführt.
Das beste Buch / die besten Bücher im Jahr 2022 gelesen:
So richtig begeistert haben mich dieses Jahr Candy Haus von Jennifer Egan, Haha Heartbreak von Olivia Kuderewski und Gehen, ging, gegangen von Jenny Erpenbeck.
Honorable Mentions: Fairy Tale von Stephen King, Die Träume anderer Leute von Judith Holofernes und RCE von Sibylle Berg.
Verlag 2022:
Dauberbrenner Haymon. Wir arbeiten gemeinsam am nächsten Buch und es wird großartig. Unter anderem, weil ich das Glück habe, mit diesen wunderbaren Leuten zusammenzuarbeiten.
Die besten Stellen:
Seit mehr als zehn Jahren sammele ich meine Lieblingsstellen aus Büchern.
Größte literarische Enttäuschung des Jahres:
Mieses Karma von David Safier. Ich hab mir früher echt gern seine Romane angehört, da sind das schöne Geschichten zum runterhören gewesen. Auf einer Reise ohne Internet und mit nur einem Buch (eigene Schuld, ich weiß) habe ich mir das aus einer Bücherkiste genommen. Was als Hörbuch gut funktioniert, kann ich selbst kaum lesen. Hab’s durchgezogen, aber werde das nie wieder machen.
Bücher, auf die man sich 2023 freut:
Gerade lese ich Momo von Michael Ende, zum ersten Mal nach knapp 20 Jahren wieder. Und danach kommen Zensus von Jesse Ball und Morgen, Morgen und wieder Morgen von Gabrielle Zevin dran und ich bin sehr gespannt.
Aber natürlich freue ich mich am meisten auf mein eigenes Buch. Und hab auch die größte Angst davor.
Bester Film:
Ich mochte She said, Einfach mal was Schönes und Everything, everywhere all at once. Aber ein neuer Lieblingsfilm war nicht dabei.
Beste Serie:
Andor, For all Mankind, die letzte Staffel This is us.
Bestes Konzert:
Das ganze Watt en Schlick Festival, ganz besonders aber Danger Dan und Noga Erez. Das hat mich nachhaltig begeistert.
Bestes Lied/Stück:
– Noga Erez „Nails“
– Danger Dan „Gute Nachricht“
Beste*r Musiker*in:
Noga Erez. Da war auf dem Festival die ganze Zeit Musik und wenn ich die Namen nicht kannte, dann hab ich da nur mit halbem Ohr zugehört. Als als Noga Erez auf die kommt, braucht es nur ein paar Beats, bis wir ganz vorne stehen. Das war richtig krass.
Bestes Spiel:
Fortnite. Ich hab mit letztes Jahr eine Playstation 4 gekauft, als alle dachten, sie bekommen die 5er. Immer wieder versinke ich in Spielen, bis mir ein Freund Anfang des Jahres sagt, er spielt Fortnite. Und ich lache und denke Spiel für 11jährige. Denke dummes Ballerspiel. Denke teures Geld-aus-der-Tasche-ziehen. Aber wenn er das sagt, dann schau ich mir das mal an. Ist nun also ein paar Monate her und seitdem habe ich nur zwei andere Spiele angespielt. Es macht Spaß, mit Menschen zu spielen, die ich kenne. Gemeinsam über diese Insel zu rennen und zu versuchen zu überleben. Und nebenher über das Leben mit all den Tiefen und Höhen zu reden. Es ist ein bisschen wie auf einer WG-Party in der Küche. Du unterhältst dich da mit jemandem, den oder die du kaum kennst und gerade deshalb kannst du viel tiefer, viel verletzlicher sein. Ähnlich ist es, wenn du auf einer Ebene eben gerade versuchst, dass du im Spiel nicht zu früh stirbst. Ich tauche da gerade sehr gerne ein.
Der eigene Höhepunkt 2022:
Ganz viele meiner Sorgen zu überwinden und mit dem Camper in Schweden sein. 5 Wochen, 9000 Kilometer, 15 Nationalparks. Sven Hedin war schwedischer Geograph und Abenteurer, eines seiner bekanntesten Zitate ist „Von all den Sorgen, die ich mir gemacht habe, sind die wenigsten eingetroffen.“ Daran musste ich immer wieder denken und mich daran gewöhnen, dass es okay ist, ist Sorgen zu haben und dann zu verstehen, dass sie nicht eintreten.
Der eigene Tiefpunkt 2022:
Ich bin natürlich unfassbar dankbar für Haymon und die Möglichkeit, für sie noch ein Buch zu schreiben. Aber das ist das erste Mal, das ich ein Buch auf eine Deadline hin schreibe. Bisher hatte ich immer Jahre und hab gehofft, dass es endlich irgendjemand haben will, das aktuelle Manuskript. Das ist 2019 passiert und damit habe ich Punkt 1 meiner Bucket List abgearbeitet. Punkt 2, mehr Bücher schreiben, kommt nun direkt danach. Aber es ist eben neu. Und das macht mich unsicher. Und mitten im Schreiben, nachdem ich die ersten Rückmeldungen hatte, wusste ich überhaupt nicht, ob ich das überhaupt kann. Hab das Buch vor lauter Szenen nicht gesehen. Und im August habe ich so sehr an mir und meinem Können gezweifelt, dass ich mich wirklich gefragt habe, ob dieser Wunsch „Bücher schreiben“ wirklich richtig ist.
Jetzt bin ich da durch und ich glaube, wir haben ein tolles Buch gemacht und ich bin da sehr dankbar für. Aber ich weiß auch, dass ich nächstes Mal Dinge anders machen muss.
Schönste Erinnerung(en):
Wahrscheinlich die zusammengefasste Erinnerung an die Zeit in Schweden. Da hat sich richtig viel richtig gut angefühlt.
Was 2022 übelst gefehlt hat:
Wir waren viel Reisen und ich habe dieses Buch geschrieben. Und einen neuen Roboter gebaut und zwei Hochzeiten als Trauredner bestritten. War alles toll, hat mir aber auch Zeit für Workshops genommen. Davon musste ich einige absagen und tat mir richtig weh, weil ich die richtig gern mache.
Das Jahr zusammengefasst:
Immer noch Sven Hedin: Von all den Sorgen, die ich mir gemacht habe, sind die wenigsten eingetreten.
Der peinlichste Moment:
Glücklicherweise nichts, was sich richtig tief eingegraben hat in das Gedächtnis.
Ein unentdecktes Talent, das endlich entdeckt wurde:
Einigermaßen okay Nagellack auf die eigenen Fingernägel bekommen.
Die ersten Male:
- Nagellack tragen. Auf der Reise in Schweden haben wir viele Podcasts und Gespräche gehört und uns natürlich auch viel über toxische Männlichkeit und Vorbilder unterhalten. Und ich sag so, ich hab eigentlich kein Problem damit Röcke zu tragen, oder Nagellack, aber Röcke find ich irgendwie nicht praktisch. Und Nagellack, da bin ich zu faul für. Das hat eine Freundin mitbekommen und so hatte ich kurz nach Schweden zum ersten Mal lackierte Fingernägel. Erstmal musste ich mich selbst dran gewöhnen, wie damals beim Tattoo. Immer irritierend, runterzusehen und da ist Farbe, wo mehr als 35 Jahre keine war. Und dann musste ich mich daran gewöhnen, plötzlich Komplimente für einen Aspekt meines Aussehen zu bekommen, das mir meist egal ist. Ich bin aber tatsächlich meist immer noch zu faul, deshalb trage ich ihn, bis er richtig gebrochen ist oder auf einem Finger gar nicht mehr vorhanden. Dann kommt neuer drauf.
- Nagellack kaufen.
- Bis in den Polarkreis fahren.
- In Dänemark, Norwegen und Schweden sein.
- Ein Buch auf Deadline beenden.
- Ein ganzes Jahr mit einem Hund im Haushalt verbringen und mit verantwortlich sein.
- Und beim letzten Essen des Jahres: mir eine Blase am Gaumen holen.
Was man 2022 gelernt hat:
Es ist okay, genügsam zu sein und zufrieden mit dem, das ich habe. Es ist aber genauso okay, meine Komfortzone zu verlassen und sich diesen Sorgen auszusetzen, die dann meist nicht eintreten. Jip. Das hat mein Jahr geprägt.
Was man 2022 vor allem hinter sich lassen will:
- All die großen Dinge, die uns in den letzten Jahren passiert sind und die niemand braucht.
- Grundsatzdiskussionen
Worauf man sich 2023 freut:
- Mein Buch und all das Drumherum.
- Ein paar der Ideen und Projekte, die in meinem Kopf wachsen, zu realisieren.
- Zeit mit guten und lieben Menschen und Wesen zu verbringen.
- Umarmungen?
- Euch.
Uns allen das beste 2023. Liebe, Fabian.
Ein Mittwochabend, diese drei Männer zusammen mit Carolin Callies auf der Bühne und zwischen den Besucher:innen ziemlich viele leere Stühle. Komisch eigentlich, sagt auch Stefanie Stegmann, Leiterin des Stuttgarter Literaturhauses. Im Vorfeld sei diese Veranstaltung die gewesen, auf die sie am häufigsten angesprochen worden ist. Und im Livestream sähe das auch nochmal anders aus. Hier im Saal gehöre ich zu den jüngsten und und bin mit wenigen anderen Männern weit in der Unterzahl.
Joachim Zelter, Heinz Helle und Frank Rudkoffsky haben mit „Professor Lear„, „Wellen“ und „Mittnachtstraße“ jeweils einen Roman geschrieben, der sich unter anderem mit dem Motiv brüchiger Männlichkeit auseinandersetzt, mit der Dekonstruktion dessen, was wir als „Mann“ und „männlich“ sehen.
Die drei lesen einen Ausschnitt, eine Ahnung dieser Dekonstruktion und reden danach mit Carolin und miteinander. Keine Diskussion, weil die Leute auf der Bühne sich einig sind, mehr ein sich ergänzendes Gespräch. Das ist schön, die vier funktionieren gut auf der Bühne, machen Spaß und sind sympathisch. Aber bei den Menschen, die zu dieser Veranstaltung kommen, rennen sie natürlich offene Türen ein. Hier sind alle der Meinung, dass Männer auch weinen dürfen. Dass Männer ihren Anteil leisten müssen, Frauen nicht nur Raum zu geben, sondern sie auch darin zu unterstützen. Und dass es noch viel zu tun gibt.
Spannend wird es, als Fragen aus dem Publikum kommen. Wir sind nämlich so wenige, dass sich das zu einer Diskussion im ganzen Raum ausspinnt, nicht nur zu einem Hin und Her zwischen Bühne und Publikum. Warum also sitzen selbst bei diesem Thema nur Männer auf der Bühne? Und wem genau erzählen Männer was von Schmerz und Wut und Tränen? Und wie soll es jetzt weitergehen?
Heinz Helle gibt auf die Frage, warum Männer solche Dinge erzählen und hinterfragen sollten, eine Antwort, die ich zuerst von Chimamanda Ngozi Adichie gehört habe und die seitdem sehr in mir nachklingt: Noch sind lange nicht alle Männer auf dem Stand der drei auf der Bühne und einige hören leider nur anderen Männern zu. Deshalb müssen besonders Männer Feministen werden.
Ich habe oft genickt an diesem Abend und habe neue tolle Menschen kennengelernt, aber ich bin in vielen Fragen genauso ratlos, wie vorher auch noch. Ist noch viel zu tun. Und ich freue mich auf den nächsten Abend dieser Art, der vielleicht ein paar Antworten liefert.