Letzte Woche war Buchmesse und ich glaube, ich habe sie immer noch nicht ganz verdaut. Donnerstag Mittag aus einem viel zu vollem Zug auf die Messe stolpern und vier Tage lang Menschen wiedersehen, die ich ewig nicht gesehen habe. Und Menschen kennenlernen, die ich bisher nur online kannte. Oder noch gar nicht. Das waren vier wirklich volle, aber auch sehr sehr schöne Tage. Unter anderem auch, weil die Leipziger Buchmesse davor 2019 zum letzten Mal stattgefunden hat. Damals hatte ich (mal wieder) ein Manuskript, das niemand haben wollte und lief über die Messe, die immer noch voller Menschen war, die ich sehr mag, aber eben auch voller Bücher, von denen keines meins war. Und ich wusste nicht, ob sich das jemals ändern wird. Und wer ich überhaupt bin, dass ich denke, dass ich überhaupt gut genug bin, dass ein Buch von mir jemals in einem Verlag veröffentlicht wird. So war das im Frühjahr 2019.
Vier Jahre später ist gerade das zweite Buch von mir im Haymon Verlag erschienen, einem großartigen Verlag mit tollen Menschen, mit denen ich so gern zusammenarbeite. Und jetzt steht da mein Buch auf der Messe. Das war Platz 1 meiner Bucket-List, ein Buch bei einem Verlag rausbringen. Haymon, meine Agentur AVA International und so viele andere haben das möglich gemacht und ich bin voller Glück und Demut, dass das passiert. Bei allem, was in dieser Branche schief läuft und sich ändern muss, erstmal bin ich extrem froh, dabei zu sein. Ich freue mich auf Frankfurt.
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Ich bin mir sicher, dass ich diese Geschichte erzählen kann.
Der erste Absatz aus Fairy Tale
Sicher bin ich mir allerdings auch, dass niemand sie glauben wird. Das macht nichts. Es reicht mir, sie zu erzählen. Das Problem – das bestimmt viele Schriftsteller haben, nicht nur Frischlinge wie ich – ist nur: Wo anfangen?
Eigentlich geht es nur um die Liebes eines Menschen zu einem Hund und was er für ihn auf sich nimmt. Zumindest ist es für mich so, der nun seit knapp einem Jahr mit einem Hund zusammenlebt.
Charlie lebt mit seinem Vater in dieser kleinen Stadt und wäre wohl immer nur an dem alten verfallen Haus vorbeigelaufen, wenn er nicht eines Tages das Jaulen von Radar gehört hätte. Der Hund macht ihn auf seinen Besitzer Howard aufmerksam, der von der Leiter gefallen ist und Hilfe braucht. Howard ist Einsiedler und wäre es wohl bis zum Ende geblieben, wenn Charlie nicht in sein Leben getreten wäre. Das erste Drittel des Buches verfolgen wir, wie Charlie und Howard gute Freunde werden und Radar sich in Charlies Herz schleicht. Ein Drittel lang sind wir in unserer Realität mit einer leichten Ahnung des dunklen Märchens, das folgt. Und wie es folgt.
Manchmal hab ich mich gefragt, ob es nötig ist, diese erste lange Drittel, dass sich wie ein sehr sehr langer Vorspann anfühlt. Besonders, wenn man den Klappentext liest, der diesen auf einen Satz reduziert. Aber ich höre David Nathan wirklich gerne zu, wie er mir Charlie und seine Welt näher bringt. Also ist das vollkommen in Ordnung. Und es bereitet mich auf die Welt vor, die danach kommt. Hätte ich nicht gebraucht, weil ich ja weiß, worauf ich mich einlasse, wenn ich Stephen King höre. Aber trotzdem ganz schön. Auch, weil es das Märchenhafte so gut in unsere Realität einwebt.
Ich mag Fairy Tale. Unter anderem, weil ich David Nathan mehr als 27 Stunden zuhören kann. Ich weiß nicht, ob ich ihn allen empfehlen kann. Aber wen du Lust hast auf Realität plus X, in die du eine ganze Weile eintauchen kannst, viel Spaß!
Fairy Tale von Stephen King wurde übersetzt von Bernhard Kleinschmidt, gesprochen von David Nathan und erschien bei RandomHouse Audio. Der Verlag hat mir ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt.
Als Kind habe ich wieder und wieder von Zyankali geträumt. Ich weiß nicht, wie das Gift seinen Weg in mein Kinderzimmer gefunden hatte. Da sind schemenhafte Erinnerungen an Kriegs- und Agentenfilme, in denen Bösewichte silberne Kapseln zerbeißen und sich schäumend und röchelnd dem Zugriff entziehen. Vielleicht hatte ich auch schon eine vage Vorstellung von dem, was Goebbels mit seinen Kindern im Bunker gemacht hatte.
Der erste Absatz aus Die Träume anderer Leute
Judith Holofernes, ihre Stimme und ihre Texte begleiten mich seit knapp 20 Jahren, sind immer wieder an verschiedenen Orten und Zeitpunkten meines Lebens aufgetaucht. Und als wir vor ein paar Jahren bei Amanda Palmer auf dem Konzert waren, war Judith auch da. Hab mich nicht getraut, sie anzusprechen.
Jetzt also gibt es das Buch von Judith, vorgelesen von Nora Tschirner. Das ist einerseits total verständlich, weil Judith gut auf ihre Stimme achten muss, andererseits vermischen sich in einem Kopf Judith und Nora andauernd. Das Buch zu hören ist wie den zweiten Akt eines Filmes zu sehen, in dem Akt Eins aus einer anderen Perspektive nochmal erzählt wird. Also zurück in meine Jugend, zurück in die Momente, an denen ich die Helden zum ersten mal gehört habe und wo sie Teil meiner Erinnerung geworden sind, nur eben jetzt aus der Sicht von Judith.
Das ist spannend und nostalgisch und oft auch ernüchternd. Weil es hinter den Kulissen nie nur Liebe und Friede und so ist. Manchmal habe ich Tränen in den Augen und einige Male denke ich, Scheiße, dieses Gefühl kenne ich allzu gut.
Judith schreibt direkt und persönlich und ehrlich. Das macht viel des Buches aus. Manchmal denke ich, wenn ich beispielsweise Pola wäre, ihr Mann, dann würde ich mich von manchen Aussagen angegriffen fühlen. Aber vielleicht ist das der Preis für ein Buch, das mich auf so vielen Ebenen berührt.
Großen Respekt für diese Frau, ihr Tun und dieses Buch. Eines, das jede:r in jeder Art von Kulturarbeit gelesen haben sollte.
Die Träume anderer Leute von Judith Holofernes wurde gelesen von Nora Tschirner und erschien bei Lübbe Audio. Der Verlag hat mir ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt.
Ich kenne gar nicht so viel von Alin Coen, aber ein paar Songs sind mir richtig nah. Und mit Orchester hab ich sie noch nie gehört. Die Laeiszhalle ist mehr als 100 Jahre alt und der große Saal fasst mehr als 2000 Leute.
Tourauftakt. Der Saal ist gut gefüllt und das Orchester passt kaum auf die Bühne. Alin Coen ist gut drauf, im richtigen Maße aufgeregt und im besten Sinne wie eine 12jährige, die den Spaß ihres Lebens hat. Sie ist uns und dem Orchester und sowieso allen dankbar, dass dieser Abend und diese Tour passieren können und diese Dankbarkeit schwappt durch den ganzen Abend.
Was Alin Coen macht, ist auf 1000 Arten Liebe singen. Fast all ihre Songs sind intim und nah. Manchmal schaffen es die Arrangements, das zu verstärken und noch größer zu machen, manchmal wünsche ich mir aber lieber die leisen, sehr minimalen Versionen der Songs. Da sind die Arrangements zu viel oder nicht ganz passend.
Aber insgesamt ein sehr schöner Abend, gefühlt ein Best of Alin Coen plus Orchester. Der erste Teil der Tour ist rum, im Oktober gehts weiter.
Hatte noch nicht das Buch gelesen und war auch nach dem Trailer nicht wirklich interessiert. Das kam mir alles zu komödiantisch rüber, irgendwie sogar das Ghetto romantisierend. Wollte ich nicht sehen. Aber dann hab ich einerseits viel Gutes gehört und andererseits Freikarten und die Romanvorlage geschickt bekommen. Also doch ins Kino. Und positiv überrascht wieder raus.
David Wnendt hat vor rund zehn Jahren Kriegerin gemacht, den ich damals schon sehr hart und plastisch fand. Das hat Wnendt sich behalten. Sonne und Beton verherrlicht überhaupt nichts, sondern hält die Kamera auf alles drauf. Die Schläge, den Schmerz, die Unsicherheit, die Probleme und auch die Hoffnung. Auf allen Seiten. Ich bin ein paar Mal zusammengezuckt im Kino. Ich musste auch ein paar Mal lachen. Aber vor allem schlucken.
Ich bin so weit anders aufgewachsen, dass ich nicht sagen kann, ob Wnendt und Lobrecht Realität abbilden. Aber sie stellen Gropiusstadt als Problem dar, an dem nichts cool ist. Für niemanden.
Ich bin nun etwa in der Hälfte des Buches, auch hier bin ich überrascht, wie Wnendt und Lobrecht es in der Filmfassung geschafft haben, einerseits Szenen fast eins zu eins (inklusive der Dialoge) zu verfilmen, andererseits aber das anekdotenhafte des Buches neu zu arrangieren und so eng zu ziehen, dass es einen sauberen roten Faden gibt.
Ich mochte den Film als Film, ich mochte ihn aber auch seiner Geschichte wegen. Sonne und Beton ist konsequent und schonungslos, tut an den richtigen Stellen weh und zeigt mir mehr als ich erwartet habe.
Danke an Jetzt und Morgen, Constantin Film und Ullstein für das Goodie-Paket.