Gerade habe ich den SZ-Artikel „Leben ohne Alkohol – Na dann, prost!“ gelesen, in kürzester Zeit, neben „Wie es ist, keinen Tropfen Alkohol zu trinken„, der zweite Artikel darüber, wie schlimm und anstrengend es ist, unter all diesen Menschen mit ihren Bieren und ihrem Trinken zu leben, während man selbst nicht trinkt. Besonders, da sind beide Artikel sich einig, weil man sich andauernd verteidigen und erklären muss.
Die Liste der Artikel, die in diese Kerbe schlagen, lässt sich lange fortführen. Was komisch ist. Ich trinke selbst keinen Alkohol, seit mehr als sechs Jahren. Und natürlich kenne ich viele Momente, die auch in den Artikeln angesprochen werden. Ich weiß, wie es ist, mit Menschen unterwegs zu sein, die etwas trinken. Wie es ist, sich erklären zu müssen. Ab und an sogar, angebotene Getränke und Überredungsversuche abzulehnen. Aber in diesen sechs Jahren habe ich nie den Moment erreicht, dass ich mich für mein Verhalten verteidigen muss.
Ich treibe mich in verschiedenen Kreisen herum und treffe auf ganz verschiedene Arten von Menschen. Und ich weiß nicht, woran es liegt, aber selbst, wenn das Thema darauf kommt, dass ich keinen Alkohol trinke, dann beantworte ich die obligatorischen Fragen („Natürlich habe ich schonmal getrunken.“, „Nein, ich hatte kein Alkoholproblem.“ und „Weil es mir nicht schmeckt und weil es mir nichts bringt.“) und zähle meine Vorteile auf und dann stoßen wir an, ich mit meiner Spezi und mein Gegenüber mit was auch immer. Selbst bei polnischen Verwandten oder in Zeiten, die ich mit vielen Menschen aus Osteuropa verbringe, habe ich keine Probleme mit meiner Einstellung.
Natürlich ist es schade, dass es in Deutschland Normalzustand ist, Alkohol zu trinken. Schade, dass Nichttrinker sein ein schlechtes und langweiliges Image hat. Und viele der Punkte in den Artikeln kenne ich sehr gut. Aber ich will festhalten, es muss nicht anstrengend und nicht schwer sein, keinen Alkohol zu trinken.
Es ist schwerer, vegan zu sein. Denn Wasser und Spezi bekommt man echt überall.