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Buch: Dodgers von Bill Beverly

Die Jungs kannten nur The Boxes, für sie gab es nichts anderes.

Der erste Satz aus Dodgers

Vor einem Jahr las ich zum ersten Mal über dieses Buch, über die vier Jungs, die ihr Viertel in Los Angeles noch nie verlassen hatten und nun auf einen Road Trip durch die USA aufbrachen, um einen Auftrag zu erledigen. Der Plot explodierte in meinem Kopf. Geile Idee und so viele Möglichkeiten, an die allein ich dachte. Ich war ziemlich gespannt und freute mich darauf, das Buch endlich in die Hände zu bekommen.

Jetzt ist es da, das Cover ganz anders als sonst auf der Welt, und ich bin nach dem Lesen enttäuscht. Weil, ja, es geht um diese vier Jungs und ihren Trip. Und es ist auch leicht zu lesen. Aber Bill Beverly kommt vollkommen ohne Emotionalität aus, was dem ganzen Roman eine kühle Distanz verleiht, die mich auch immer wieder fragen lässt, wie es den Protagonisten eigentlich geht.

Zusätzlich habe ich das Gefühl, dass Beverly mit seiner Idee unglaublich viele Dinge hätte machen können. Er aber kaum was damit macht. Dafür, dass die Jungs noch nie aus L.A. draußen waren, interessiert oder verwundert sie kaum etwas, als sie unterwegs sind. Sie reagieren kaum auf die Welt, was die ganze Reise irgendwie unnötig macht. Und dann baut der deutsche Klappentext auch noch Erwartungen auf, die eigentlich als Twist im letzten Drittel gedacht waren.

Dodgers ist kein schlechtes Buch. Ganz viele andere finden es sogar großartig. Ich habe es schnell lesen können und ich war auch in einer Realität, die karg und düster und ganz weit weg von meiner ist, glücklicherweise. Aber es ist nicht das Buch, die Road Novel, die Coming Of Age Geschichte, auf die ich mich gefreut habe. Schade.

Dodgers von Bill Beverly wurde übersetzt von Hans M. Herzog und erschien bei Diogenes. Der Verlag hat mir ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt.

Roman: Vincent von Joey Goebel

Der erste Satz aus Vincent:

Tut mir leid, daß du es ausgerechnet von mir erfährst, aber du wirst nie glücklich sein.

Harlan ist der Manager von Vincent. Vincent ist Künstler und wie alle Großen erschafft er das Beste, wenn er leidet. Harlan sorgt dafür, dass Vincent leidet. Dies ist seine Geschichte.

Schon seit Jahren sagen mir viele Menschen, ich sollte dieses Buch doch endlich lesen, meine Liebste hat mir ein Exemplar auch vor ein paar Jahren geschenkt, dieses stand im Regal der ungelesenen Bücher. Ich wusste, worum es geht, aber es gab immer irgendwas anderes. Bis eben jetzt. Weil ich die WDR Hörspielversion gehört habe. Die ist leider überhaupt nicht gut. Sie versucht, mehr als 400 Seiten Roman auf 50 Minuten zu pressen und drückt dabei alles Leben heraus. So sehr, dass ich wusste, jetzt muss ich das Buch lesen und hoffen, dass es besser ist, als das Hörspiel. Ist es.

Joey Goebel schreibt nüchtern, melancholisch gefärbt, literarisch nicht herausragend, aber der Geschichte angemessen. Und um sie geht es. Das Bild des leidenden Künstlers ist kein neues, in negativer Version fiel es mir oft in Hildesheim auf. Und die Qualität von „Konsumkunst“ ist auch bekannt. Aber diese „Schule des Leidens“, die Goebel entwirft, ist so konsequent und spannend, dass ich auf jeden Fall wissen will, wie diese Geschichte verläuft.

Sie hat mich nicht nur unterhalten, sondern auch noch zum Nachdenken gebracht, über die These „Gute Kunst nur aus Leiden“ und auch darüber, wo ich mich selbst in diesem ganzen Betrieb sehe. Damit schafft Joey Goebel mit Vincent mehr, als viele andere Titel. Ich bin gespannt auf das nächste.

Vincent von Joey Goebel erschien bei Diogenes und wurde übersetzt von Hans M. Herzog und Matthias Jendis.