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Roman: Alte Freunde von John Niven

Der erste Satz aus Alte Freunde:

Alan Grainger durchforstete seinen Wortschatz nach einem anderen Begriff für ‚Unverschämtheit‘, als er von Covent Garden kommend die Charing Cross Road überquerte.

John Niven hat mit Coma und Gott bewahre Bücher abgeliefert, derb und so unterhaltsam, dass ich vielen Menschen davon erzählt habe. Straight White Male lag mir zu sehr an Californication, aber war trotzdem ein gutes Buch.

Gute Freunde fängt mit dem Zusammentreffen alter Freunde nach mehr als 25 Jahren an, in denen sich alles geändert hat: Der ehemalige Rockstar lebt seit Jahren obdachlos und der langweilige Mitläufer von früher ist glücklich verheiratet und wohlverdienend. Natürlich nimmt Alan seinen alten Freund Craig auf und versucht, ihm wieder auf die Beine zu helfen. Dabei scheint Craig anderes im Sinn zu haben.

Die Prämisse ist mir erstmal egal, ich lese, weil ich weiß, dass ich etwas von Niven lese und er es schon größtmöglich knallen lassen wird. Macht er leider nicht. Im Gegenteil, es fühlt sich an, wie ein Manuskript, das in der Schublade lag und nun ein bisschen entstaubt wurde für die Veröffentlichung.

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Es gibt tolle Gedankengänge und Sätze drin, schöne Bilder und witzige Stellen. Aber oft wirkt es plump und hölzern, erklärend und inkonsistent in der Erzählweise. Da Stephan Glietsch schon die anderen Romane von John Niven ins Deutsche übertragen hat, schiebe ich dies dem Autor zu, nicht dem Übersetzer.

Es ist ein okayes Buch. Aber niemals das von Niven, welches ich empfehlen würde.

Alte Freunde von John Niven wurde übersetzt von Stephan Glietsch und erschien bei Heyne Hardcore. Der Verlag hat mir ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt.

Roman: Taqwacore von Michael Muhammad Knight

Der erste Satz aus Taqwacore:

Bismillahir, Rahmanir und so weiter –

Yusef zieht zum Studieren nach Buffalo und seine Eltern sind ziemlich froh, dass er in eine WG zieht, in der nur Muslimen wohnen. Was sie nicht wissen: In dieser WG wird der Islam ganz schön lax gelebt. Oder extrem, wie man es nimmt. Hier kommt der Islam klar mit Sex, Drugs und Rock’n’Roll. Hier versucht eine Generation junger Muslime, den Islam in eine neue Zeit zu bringen.

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Ähnlich wie bei „Unter Null“ von Bret Easton Ellis erzählt Knight keine komplexe Geschichte, sondern beschreibt eine Atmosphäre, eine Szene, die einerseits vollkommen vom Islam durchdrungen ist und ihn auf der anderen Seite sehr speziell ablehnt. Die letzten zehn Seiten des Buches sind Glossar, eine Liste der am häufigsten verwendeten arabischen Ausdrücke. Diese Liste braucht man, ich habe in diesem Buch ein Lesezeichen an der Stelle, wo ich im Roman bin und eines hinten beim Glossar, weil ich andauernd Worte nachschlagen muss.

Aber die irgendwann weiß man einigermaßen, was all die Begriffe bedeuten und dann ist man Teil der Gang, fühlt sich verbunden, versteht ein wenig mehr, was Islam alles bedeuten kann und welche Kämpfe innerhalb dieses Begriffes geführt werden.

Taqwacore kommt auf den ersten Blick provokanter daher, als ich es nach dem Lesen empfunden habe. Was überhaupt nicht enttäuschend gemeint ist. Es ist eine spannende Lektüre, die einem fast nebenher Lebensarten näher bringt, die ich sonst nur gefüllt mit Vorurteilen kenne. Dieser Roman hat einige davon abgebaut.

Taqwacore von Michael Muhammad Knight wurde übersetzt von Yamin von Rauch und erschien irgendwann mal bei Heyne Hardcore, mittlerweile ist er nur noch bei Rogner & Bernhard zu haben.

 

Roman: Straight White Male von John Niven

Der erste Satz aus Straight White Male:

Bequem in den Clubsessel gelehnt, schlug Kennedy Marr die Beine übereinander und starrte aus dem deckenhohen Fenster, als müsse er die Frage überdenken.

Kennedy Marr ist ehemals erfolgreicher Autor, der viel trinkt und gerne fickt, einem Charles Bukowski nicht unähnlich. Mittlerweile in L.A. angekommen, versucht er irgendwie über die Runden zu kommen und das Verhältnis zu seiner Tochter einigermaßen gut zu halten. Aus finanzieller Verzweiflung nimmt er Dozentenstelle an einer Universität an, um jungen Menschen das schreiben beizubringen. Umgeben von vielen jungen Frauen nimmt das Schicksal seinen Lauf.

Ich habe den Roman gerne gelesen. Er ist gut und flüssig geschrieben und hat seine tiefen Momente. Aber leider zieht er bei jedem Vergleich ganz knapp den kürzeren:

Straight White Male vs. Californication

Wer die Serie Californication kennt, erkennt hier große Ähnlichkeiten, und das ändert sich auch bei der Lektüre des Romanes nicht: Straight White Male ist die Romanversion von Californication. Ja, die Hauptpersonen heißen anders und nicht beide kommen aus Irland, aber das war es dann auch mit den großen Unterschieden. Was aber überhaupt nicht schlimm ist. Ich kenne und lese John Niven schon seit einigen Büchern und mag seine derbe und extreme Schreibweise. Zusammen mit dem Thema versprach das ein großer Spaß zu werden. Ist es auch. Es ist derb, extrem, skurril und lustig, wie seine anderen Bücher auch. Und es ist sehr nah an Californication. Das tut dem Lesevergnügen erstmal keinen Abbruch, aber mit der Serie hat das Buch einen ebenso derben und guten Konkurrenten. Und natürlich vergleicht man andauernd, wenn man beides kennt. Dabei kommt raus: Die Serie ist krasser, hat die größeren Ausschläge und komischen Momente. Aber der Roman ist menschlicher. Hank Moody aus Californication ist ein geiler Typ, keine Frage. Aber man will nicht mit ihm tauschen. Kennedy Marr dagegen macht auch extreme Sachen, aber hat eine große menschliche, zweifelnde Seite, er ist nicht ganz so abgebrüht, wie Moody. Und das lässt das Buch glänzen und gibt ihm seine guten Momente. Von der Story her aber ist die Serie größer.

Straight White Male vs. die anderen Bücher von John Niven

Wie gesagt, der Roman liest sich super und macht unglaublich Spaß, meiner Meinung nach hat John Niven aber mit Gott bewahre und Coma bessere Bücher geschrieben. Ich habe diesen hier gern gelesen. Aber ich freue mich auf neue, stärkere Bücher.

Straight White Male von John Niven wurde übersetzt von Stephan Glietsch und erschien bei Heyne Hardcore.

Buch: Tough Sh*t von Kevin Smith

Der erste Satz aus Tough Sh*t:

Hallo, ich bin Kevin Smith, das Produkt der Eier von Don Smith.

Kevin Smith ist Filmemacher (Dogma, Chasing Amy, Clerks) und Schauspieler (Silent Bob) mit einer rebellischen Einstellung zu Hollywood und Blockbusterfilmen. Dass man es als Indy-Filmemacher nicht leicht hat und ziemlich viel krasses Zeug erlebt, kann man sich vorstellen. Und Kevin erzählt in Tough Sh*tgenau diese krassen Sachen und seinen Werdegang vom Filmgeek zum Filmemacher.

Der Anfang ist heftig. Die Widmung und das erste Kapitel sind skurril und latent eklig. Mir kommt es vor, als ob Kevin versucht, da eine Sperre für biedere Menschen einzubauen. Das heftigste zuerst, damit unpassende Leser gar nicht erst weiterlesen. Wer weiterliest, kann sich amüsieren.

Aber gleichzeitig ist dieser Einstieg auch mein Grund für ein maues Gefühl, nachdem ich mit dem Buch durch war. Smith setzt mit seinem krassen Einstieg die Latte für die folgenden Geschichten sehr hoch – und kann sie meiner Meinung nach nicht erreichen. Nach diesem Einstieg war der Rest des Buches zwar okay, aber nicht so gut, wie erwartet. Heyne hat das ja ganz klug gemacht mit der der Heyne Hardcore-Sparte. Hier kann man all die Bücher veröffentlichen, die für das normale Publikum zu heftig sein könnten. Die Romane von John Niven erscheinen in Deutschland beispielsweise dort. Aber abgesehen vom Einstieg, hätte man Tough Sh*t auch überall anders veröffentlichen können. Dieses Buch kann also auch enttäuschen. Und hat mich auch ein wenig enttäuscht. Dennoch:

Wenn man seine Filme kennt und mag, ist das Buch ein toller Einblick und Hintergrundbericht. Kevin schreibt flüssig und lustig, man kann die 334 Seiten gut runterlesen. Wer noch nie etwas von Kevin gehört hat, wird vom Einstieg eh abgeschreckt sein.

Tough Sh*t von Kevin Smith erschien bei Heyne Harcore und wurde übersetzt von Daniel Müller.

Buch: Gott bewahre von John Niven

Gott bewahre bei Amazon

John Niven kennen wir ja mittlerweile von Coma. Gott bewahre ist der neue Roman. Und der ist geil. Mal abgesehen vom Cover und vom deutschen Titel. Aber das ist ja nicht zum ersten Mal so. Es gibt immer wieder schlechte Titel und Cover. Dafür ist der Inhalt umso geiler.

Gott war im Urlaub. 400 Jahre. Und als er zurückkommt, ist es 2011 und die Menschheit geht ziemlich krass den Bach runter. Also schickt er Jesus nochmal auf die Erde, um die einzig wichtige Botschaft zu verbreiten: Seid Lieb.

Ich will gar nicht weit vorgreifen. Das Buch ist auf gesunde Weise genauso derb, wie man es von Niven gewohnt ist und es enthält alles was man für ein gutes Buch braucht: Einen Helden (Jesus. Einen cooleren Helden gibt es wohl nicht), gute Musik, einen Roadtrip und ein geniales Finale.

Wie gesagt, lasst euch nicht vom schlechten Titel und schlechtem Cover ablenken, kauft euch das Buch, spätestens als Taschenbuch.

 

Gott bewahre von John Niven wurde übersetzt von Stephan Glietsch und Jörn Ingwersen und erschien bei Heyne Hardcore. Der Originaltitel lautet The second coming.