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Hörspiel: Moby-Dick oder der Wal von Herman Melville

Moby-Dick gehörte zu den Büchern, die ich immer mal gelesen haben wollte, die mich aber auch immer abgeschreckt haben, weil Seitenanzahl, weil Sprache, weil Thema. Wenn sich jetzt der öffentlich-rechtliche Rundfunk daran setzt, daraus zwar ein langes, aber kurzweiliges Hörspiel zu produzieren, mit der heutigen Zielgruppe im Kopf, dann funktioniert das für mich ziemlich gut. Beim Tyll war das schon so.

Bei Moby-Dick hat der BR eine rund neunstündige Produktion angelegt, auf Basis der Neuübersetzung von Matthias Jendis, mit Sprechern wie Rufus Beck, Felix von Manteuffel, Manfred Zapatka, Ulrich Matthes, Bernhard Schütz, Thomas Holtzmann, Stefan Wilkening. Ist wohl dem Stoff geschuldet, aber es sind auffällig wenig (in meiner Erinnerung sogar gar keine) Frauen darunter.

Neun Stunden also, beginnend bei der Wortkunde, mit Gesängen und sehr vielen Ausschweifungen zu verschiedenen Themen, die alle irgendwie etwas mit dem Walfang zu tun haben, arbeitet sich das Stück durch die Psyche von Ahab und das Meer bis zum Wal vor.

Es ist anstrengend und lehrreich und unterhaltsam. Und irgendwann ist auch mal gut und ich bin froh, durch zu sein.

Moby Dick ist in jeder Hinsicht ein massiver Stoff. Ich bin mir sicher, dass ich es nie geschafft hätte, das Buch komplett zu lesen. Ein Glück gibts diese Hörspielfassung. Sie ist immer noch anstrengend, macht den Wal aber um einiges zugänglicher.

Moby-Dick oder Der Wal von Herman Melville wurde vom BR als Hörspiel produziert und erschien beim Hörverlag.

Bericht: Die Hörmich 2019

Ich konnte nicht glauben, dass es seit 2013 eine eigene Hörspielmesse gibt, von der ich noch nie gehört habe. Bis zum Sommer diesen Jahres. Also war klar, dass wir (Chantal und ich) da sein werden.

Der Pavillon in Hannover ist ein Kulturzentrum, das ganz schön cooles Zeug macht, unter anderem diese Messe. Es gibt ein paar Räume, zwei Säle und Theaterbühnen, offen für alle Arten von Gemeinschaften. Für einen Tag im Jahr ist der Pavillon voller Hörspielfreund-, Sprecher- und Produzentïnnen, die sich durch die Gänge schieben. Im großen Saal gibt es Programm, die Messe selbst streckt sich auf drei Räume und das Foyer.

Als wir ankommen, eine Stunde nach Eröffnung, schieben sich Massen an Menschen durch die Gänge. Eine Mischung aus Fanconvention (Ein Raum gehört dem Northern Outpost, den Star Wars Fans Hannover und ist voller Cosplayer, Merchandise, Ausstellungsstücken und mittendrin Hans-Georg Panczak, der deutschen Stimme von Luke Skywalker. Ein anderer ist den Masters of the Universe gewidmet.), Markt für alte Kassetten, Bücher und Schallplatten und Ständen mit neuen Hörspielen.

Die erste Runde durch die paar Räume ist (abgesehen von den echt vielen Leuten) schnell durch und im Vergleich zu den Buchmessen ist das Angebot extrem klein. Erstmal. Weil nach der ersten Ernüchterung das Hallo kommt. Da sind die Freunde des Ronin Hörverlages, ich treffe Robert Frank endlich mal persönlich, Santiago Ziesmer springt auch rum (mit ziemlich coolem Shirt) und dann sind da auch die Sprecherkollegïnnen und natürlich ganz viele neue Menschen mit ähnlichen Interessen.

Jemand kennt jemanden, der dich kennt und ziemlich schnell stehen wir in verschiedenen Kreisen und reden und Leute müssen sich an uns vorbeidrücken, wie wir uns vorher vorbeidrücken mussten.

Zwei Dinge, dir mir sehr aufgefallen sind: Alle sind auf Augenhöhe. Egal ob die Jungs vom Spezialgelagert Sonderpodcast (mit einem wunderschönen Modell des Schrottplatzes von Justus Jonas Onkel), Ivar Leon Menger oder Dagmar Bittner (die beim neuen Hörspiel um Hugo, das Schlossgespenst, dabei ist), jede und jeder kommt gern mit dir ins Gespräch, hört dir zu und erzählt. Der Tag fühlt sich extrem familiär an, auf die schönste Weise.

Und: Ich war noch nie auf einer Veranstaltung, die einen so großen Anteil an Menschen mit Behinderung hatte. Sehr viele Leute waren mit Blindenstöcken und Rollstühlen unterwegs und ich musste mich erst an die Situation gewöhnen. Wie wenn man aus Stuttgart in eine Stadt mit Radwegen und Radfahrern kommt, dann muss man sich erstmal daran gewöhnen, anders über die Straße zu gehen. Ähnlich war das für mich auf der Hörmich. Und dann war es genauso schön.

Statt also nach einer Stunde zu gehen, wie es sich nach dem ersten Rundgang anfühlte, blieben wir, bis die Stände abgebaut wurden, immer noch im Gespräch mit unterschiedlichen Leuten. Und gingen dann mit vielen neuen Ideen, Gesichtern und Lächeln.

Ja, irgendwie ist die Hörspielszene klein und nerdig, aber sie ist auch herzlich und offen und ziemlich ansteckend. Nächstes Jahr sind wir dann wohl wieder bei der Hörmich.

Hörspiel: Tyll von Daniel Kehlmann

Der WDR hat aus Daniel Kehlmanns letztem Roman ein Hörspiel von dreieinhalb Stunden gemacht. Ich kenne bisher nur Ausschnitte aus Ruhm und habe ein paar seiner Romane im Regal stehen, aber noch keinen gelesen. Und Tyll hatte mich erstmal überhaupt nicht interessiert.

Aber ich mag die Hörspiele, die der WDR produziert, und dreieinhalb Stunden kann ich schnell mal weghören.

Ich weiß nicht, wie das im Roman ist, aber das Hörspiel schickt mich auf eine Reise durch den 30jährigen Krieg, mal mehr, mal weniger an Till Eulenspiegel dran. Ich mochte schon immer die Figur und die Funktion des Narren, als Spiegel der Gesellschaft, als Underdog und geheimer Lenker der Großen und Mächtigen. Dieser Tyll aber geht darüber hinaus und wird im Laufe seines Lebens, in dem ich ihn immer wieder eine kurze Weile begleiten darf, immer mehr Mensch, samt all dem Leiden, der Liebe und dem ‚am Leben zerrieben werden‘.

Ich mag diesen Tyll (und seine Gefährtin Nele), ich mag die Art, wie Kehlmann und der WDR die Armut und das Leid dieser Zeit herausarbeiten und tatsächlich mag ich es, Lars Rudolph als Tyll auf den Ohren zu haben. Ich muss den Roman immer noch nicht unbedingt lesen, aber in diese Hörwelt tauche ich sehr gerne ein.

Tyll von Daniel Kehlmann erschien bei Rowohlt, das Hörspiel wurde vom WDR produziert und erschien bei Argon. Leider nicht mit dem viel schöneren Cover, das der WDR verwendet hat.

Hörspiel: Die drei Sonnen von Cixin Liu

Hier in Deutschland ist Cixin Liu (oder Liu Cixin, nach chinesischer Schreibweise mit dem Familiennamen vorne) noch unbekannt, in den vereinigten Staaten nimmt er gerade Fahrt auf und hat für Die drei Sonnen als erster chinesischer Autor den Hugo-Award gewonnen, den Oscar für Sciene-Fiction/Fantasy-Literatur. Der Roman ist der erste der Trisolaris-Trilogie: Der erste Kontakt mit Außerirdischen geht ziemlich schief, die Trisolarier leben in einem sterbenden System und sie sind auf dem Weg zur Erde, um sie zu übernehmen.

Die Geschichte beginnt in den 1960ern in China, bei den ersten Versuchen, Kontakt mit Außerirdischem Leben aufzunehmen.

Ich muss mich erstmal an die fremden Namen gewöhnen und an die zum Teil fast nachrichtenartige Anmutung des Hörspiels. (Hörprobe) Ich freue mich, wie innovativ Hörspiele heute sein können, wie sie auf ihre eigene Art komplexen und verwirrenden Inhalt spannend und einfach zusammenfassen.

Fünf Stunden lang tauche ich in die Welt der Trisolarier ein, intelligente Unterhaltung, bei der es nicht nur um Raumschiffe und Aliens geht, sondern um das Wesen der Menschheit und unsere Zukunft.

Die drei Sonnen ist keine Geschichte, die man sofort versteht und der man leicht folgen kann. Man bekommt einige lose Enden, die erst im Laufe der Zeit zusammenführen. Und dann, wenn man alles hat und es richtig losgeht, ist die Geschichte auch fast schon wieder zu Ende. Glücklicherweise nur Teil 1 von 3.

Die drei Sonnen von Cixin Liu wurde übersetzt von Martina Hasse und erschien bei Heyne. Das Hörspiel wurde produziert von WDR und NDR und erschien bei Random House Audio.

Hörspiel: Hool von Philipp Winkler

Philipp Winkler war auch in Hildesheim, aber knapp vor mir und ich war eh immer so knapp da, dass wir uns nie  begegnet sind. Aber plötzlich war sein erster Roman „Hool“ da und noch bevor er veröffentlicht wurde, war klar, das wird was großes. Dann kam er raus und landete direkt auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises. Noch könnte er das Ding sogar gewinnen, das steht noch aus. Aber allein als Debüt dort zu landen ist eine große Leistung.

Nur interessiert mich eine Geschichte über Hooligans überhaupt nicht. Ich kann nicht mit Fußball, nicht mit Gewalt, nicht mit Alkohol, sind alles nicht meine Themen. Deshalb liegt der Roman noch nicht hier.

Aber dann hat 1Live, respektive der WDR, ein Hörspiel dazu produziert. Zwei Teile, jeweils eine Stunde, die Ende September ausgestrahlt wurden und seitdem in der Mediathek verfügbar sind, zumindest eine Zeitlang.  Diese habe ich mir angehört. Mir gefallen die Themen immer noch nicht, Fußball, Gewalt, Alkohol, Drogen, illegale Hundekämpfe und so weiter. Aber zwischen all diesen Themen gibt es natürlich die Dinge, die jeden von uns betreffen, eine Familie, eine Ersatzfamilie, die Liebe, Beziehungen und Freundschaften, Verzweiflung und Grundsätze, für die wir einstehen wollen. Und dann ist da diese extreme, authentische und direkte Sprache, in der Erzählt wird. Und schlussendlich einfach ein sehr gut produziertes Hörspiel, mit vielen Details, die es wirklich wunderbar machen. Heiko, die Hauptfigur, wird von Julius Feldmeier gespielt, sehr lebendig, sehr bewegend und umringt von einem sehr guten Cast. Nur in den Strecken, in der die Hauptfigur nicht spielt, sondern erzählt, fällt mir auf, dass Feldmeier eben doch Schauspieler und nicht Sprecher ist. Aber das sind Kleinigkeiten.

Manchmal musste ich an Trainspotting denken, manchmal an die Romane und Filme von Bret Easton Ellis. Dort ging es mir ähnlich, die Themen sind nicht meine, aber für eine gewisse Zeit war es faszinierend, darin abzutauchen. Und wenn man dann tiefer will, kann man immer noch den Roman lesen. Mir reichen diese zwei Stunden, aber eben diese empfehle ich sehr gerne. Ladet euch das Hörspiel runter, solange es noch verfügbar ist.

Hool von Philipp Winkler erschien beim Aufbau Verlag. Das Hörspiel wurde produziert vom WDR.