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Hörbuch: Gesammelte Abrissbirnen von Sascha Thamm

Bevor ich die CD Gesammelte Abrissbirnen eingelegt habe, hatte ich keine Ahnung, wer Sascha Thamm ist. Aber wer kann mir das verdenken, mittlerweile sind wir mit Poetry Slam und Comedy im absoluten Mainstream angekommen, die Slamily ist so groß, dass man gar nicht mehr alle kennen kann.

Auch Thamm wechselt fliessend zwischen Slam- und Comedybühnen, jetzt hat er neben seiner gedruckten Textesammlung „Dynamitfischen in Venedig“ einige der Texte auch eingesprochen. Hier gibts die erste Irritation, denn so steht neben dem Bild von Thamm, auf dem er live aus dem Buch liest, „Autorenlesung“. Ich hatte erwartet, dass die Aufnahmen, ähnlich wie bei den Känguruh-Büchern, Mitschnitte von Liveaufnahmen sind. Sind sie nicht, sind im Studio aufgenommene, trocken gesprochene Texte.

Thamm macht seine Sache gut, keine Frage. Ich musste öfter mal grinsen und manchmal auch laut auflachen, das hat mich echt überrascht und gefreut. Thamm schafft es, obwohl ich ihn noch nie live gesehen habe, dass ich die CD komplett hören will. Dafür ein großes Lob, für die Texte und dieses Hörbuch.

Aber ich glaube, das Hörbuch hätte noch um einiges besser werden können, wenn es wirklich Livemitschnitte gewesen wären. Thamms Texte sind Texte für die Bühne geschrieben, Thamm liest sie auch so, als ob er auf der Bühne wäre. Mit der gewissen Art von Klischee-Comedy und Slam-Sprech, an dem man merkt, wie oft professionelle Slammer ihre Texte schon vorgetragen haben. Er weiß, wo er betonen muss und wo er pausen machen muss. Nur, wenn ich alleine in die Pausen kichere, ist das was anderes, als wenn ich in der gelösten Atmosphäre eines johlenden Publikums mitlachen könnte.

Gesammelte Abrissbirnen ist ein überraschend gutes Comedy-Hörbuch und wahrscheinlich noch besser, wenn man Thamm schonmal live gesehen hat. Leider ist es aber eine Studioaufnahme, was den Spaß ein wenig steril macht.

Gesammelte Abrissbirnen von Sascha Thamm erschien bei Lektora. Der Verlag hat ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt.

 

Buch: Sackaffen von David Grashoff

Der erste Satz aus Sackaffen:

Es ist 22 Uhr an deinem Geburtstag und du hast vor sechs Stunden und 42 Minuten mit mir Schluss gemacht.

Ich habe David Grashoff nie live gesehen und war erstmal vom Titel, vom Cover und vom Buchrücken eher abgeschreckt. Dachte, wow, das wird Niveaulimbo. Und Texte von einem Slam Poeten zu lesen, den man noch nie gesehen hat, hat sich bisher eher als schwer herausgestellt. Manchmal ist es aber ganz gut, mit wenig Erwartung an eine Sache ranzugehen. Den neben der obligatorischen Slamtexte und den Themen Drogen und Pornos habe ich einige Geschichten in dem Buch wirklich gern gelesen. Ich mag Davids Ideen und oft auch die Schreibe. Und ich hatte ein wirklich schönes Erlebnis mit diesem Buch:

Ich sitze in der Bahn, kurz vor einer Fahrt von einer Dreiviertelstunde und lese meinem Mädchen die Geschichte „Mein kleines Nerd-Mädchen“ vor. Ich bin fertig und warte auf ihre Reaktion, als eine Stimme sich entschuldigt und aus dem Vierer hinter uns hervorlugt. Die Frau, der die Stimme gehört, sagt, sie hatte ja unweigerlich zuhören müssen und wollte jetzt etwas dazu sagen. Sie setzt sich zu uns und wir verbringen die Zugfahrt mit vorlesen und über die Geschichten reden. mehrmals fragen andere Mitfahrer nach dem Namen des Autors und diskutieren und kritisieren. Sehr schön. Und eine gute Erinnerung zu einem Buch, welches ich irgendwie gern gelesen habe.

Was ich mir manchmal wünschte: Manche Ideen sind größer als die Texte, in denen David sie verarbeitet. Aus manchem könnte man ganze Erzählungen und Romane machen. Man könnte sich länger mit ihnen wohl fühlen. Aber vielleicht folgt das ja noch. Ich bin gespannt.

Sackaffen von David Grashoff, mit Illustrationen von Volker Konrad erschien im Lektora Verlag.

Buch: 155 Kurze aus der Poetry Slam Szene. Eine Kurztext Anthologie.

Der erste Satz aus 155 Kurze aus der Poetry Slam Szene:

Poetry Slams und Spokenword-Lesungen sind ohnehin schon Formate, die mit kurzen Texten überzeugen.

So beginnt das Vorwort. Es ist länger als der Großteil der Texte in dem Buch. Rund 40 Slam Poeten durften insgesamt 155 ganz kurze Texte beisteuern. Vom Elfchen über den Haiku und die Kürzestgeschichte sind alle Formate der kurzen Literatur vertreten, sortiert nach groben Überthemen wie Afforismen, Liebe oder Stadt-Land-Fluss.

So groß die Bandbreite auch ist, so verschieden sind die Geschmäcker. Manche Seiten in diesem Buch haben mich lange Zeit nachdenken lassen, andere habe ich überflogen, ja fast übersprungen. Aber ich denke, das ist bei Anthologie normal. Mich persönlich hat die zweite Hälfte dieser Sammlung viel mehr begeistert, als die Erste. Kurz nach der Mitte waren für mich die Perlen und Höhepunkte dieser Sammlung.

Generell zeichnet die Anthologie ganz gut das Bild der Szene ab, wie ich sie kenne: Es existieren mehr lustige als nachdenkliche Texte, die Lyrik überwiegt ein kleines wenig. Ich hätte es für meinen Geschmack ganz toll gefunden, wenn mehr Autoren durch die 155 Texte vertreten gewesen wären. Ein paar Namen habe ich zu oft über den Texten gelesen. Aber vielleicht ist selbst das symptomanisch für die Szene. 😉

155 Kurze aus der Poetry Slam Szeneist eine etwas andere Anthologie aus der Slam Szene mit Texten für jeden Geschmack. Besonders, wenn man die Autoren kennt und ihre Stimme im Ohr hat, machen manche Texte richtig großen Spaß.

155 Kurze aus der Poetry Slam Szene erschien im Lektora Verlag und wurde zusammengestellt von Wolf Hogekamp und Björn Högsdal.

Slam Poetry Bücher: „Hin und zurück – nur bergauf!“ von Jan Philipp Zymny und „Tabakblätter und Fallschirmspringer“ von Patrick Salmen

Hin und zurück – nur bergauf!

Leider hatte ich bisher nicht das Vergnügen, Jan Philipp Zymny auf der Bühne zu erleben. Dafür aber jenes, dieses Buch zu lesen. Markus Freise hat ein tolles Cover für dieses Buch gestaltet, ich mag es sehr. Aber das ist leider auch so ziemlich das Einzige, was ich an diesem Buch mag. Eine Sammlung von Slam Texten, Haikus, leeren Seiten und anderen Texten, die so wohl nicht auf der Bühne gelesen werden. Ich glaube, hier verhält es sich ähnlich wie bei Pierre Jarawan. Wenn man ihn live erlebt hat, funktionieren die Texte auch selbst gelesen. Ich habe Zymny aber noch nicht gesehen. Deshalb funktionieren die Texte zum größten Teil auch nicht. Unter „Gesprächskultur“ gibt es eine schöne Beobachtung, wie Diskussionsrunden im deutschen Fernsehen ablaufen. Und „Der Ausbruch von Peterchen dem patzigen Pony aus dem Streichelzoo“ ist eine angenehm skurrile Anlehnung an Chuck Palahniuks „Fight Club„. Aber ansonsten konnte ich mit den Texten in Hin und zurück – nur bergauf! nicht so viel anfangen. Schade. Ich bin gespannt, Zymny endlich mal live zu erleben, ob er meine Meinung ändern kann. Das wär fein.

 

Tabakblätter und Fallschirmspringer

Der Mann mit dem Bart und den Holzfällerhemden. Mit der angenehmen Stimme und den tollen Worten. Tabakblätter und Fallschirmspringer ist das zweite Buch von ihm, wieder eine Sammlung an Geschichten und Texten. Das erste habe ich leider nicht gelesen, kenne aber ein paar seiner Texte davon vom Hören. Dagegen waren mir all diese Texte im Buch neu. Dennoch, die Stimme ist im Kopf, füllt die Worte mit Leben. Es sind schöne Worte. Schöne Zusammensetzungen, schöne Bilder.

Aber: Sobald ich mit einem Text durch bin, ist irgendwie alles weg. Versteht mich richtig: Es sind schöne Texte! Ich lese sie sehr gerne. Aber irgendwie bleibt danach nichts im Kopf. Oder im Herz. Oder sonstwo. Das ist zwar schade, aber ich kann es nicht ändern. Dazu kommt, dass Salmen sich für meinen Geschmack zu oft wiederholt. Ich liebe es, wenn Protagonisten aus der einen Geschichte in einer ganz anderen aufblitzen. Aber innerhalb eines Textes wiederholen sich manche Phrasen viel zu oft. Das macht den Text dann profaner , als er ist. Und was in diesem Buch auffällt, manche Texte sind Bühnentexte, in dem Zuhörer angesprochen werden, andere wiederum sprechen explizit Leser an. Ich glaube, wenn man die Bühnentexte auf die Leser angepasst hätte, das hätte ihnen innerhalb des Buches sehr gut getan.

Alles in allem ist Tabakblätter und Fallschirmspringer ein gutes Buch voller schöner Worte, aber leider ohne Nachgeschmack.

 

Tabakblätter und Fallschirmspringer von Patrick Salmen und Hin und zurück – nur bergauf! von Jan Philipp Zymny erschienen im Lektora Verlag.

Buch: Anders sein ist ganz normal von Pierre Jarawan

Das ist es also, Pierre Jarawans Anders sein ist ganz normal. Pierre ist Slam Poet aus Kirchheim Teck und Student in München, jetzt hat er eine Sammlung seiner Texte zwischen zwei Buchdeckel gepackt und bei Lektora veröffentlicht. Auf 119 Seiten tummeln sich Pierres Slamtexte, Variationen von Redewendungen und Texte, die extra für das Buch geschrieben wurden. Und es sind tolle Texte dabei. Als ich mich durch das Buch las, hatte ich andauernd Pierres Stimme im Ohr gehabt. Das ist unglaublich cool, aber gleichzeitig auch der Genickbruch des Buches. Ich glaube, die 24 Geschichten sind schön für Menschen, die Pierre schonmal live gesehen haben und die Texte nochmal nachlesen wollen, um all die wunderbaren Wortspiele, Gedankenbilder und Traumgebilde wiederholt zu erleben. Jemand aber, der mit dem Namen Pierre Jarawan nicht kennt, wird meiner meines Erachtens leider nicht in diese Stimmung kommen und deshalb kaum etwas mit den Texten in Anders sein ist ganz normal kaum was anfangen.

Deshalb, wenn ihr Pierre schon kennt, wird euch dieses Buch große Freude machen. Alle anderen lesen das Interview mit Pierre, lernen ihn dadurch kennen und kaufen sich dann das Buch 😉

Anders sein ist ganz normal von Pierre Jarawan erschien bei Lektora. Ein Hörbuch gibt es bisher nicht. Wäre die logische Entwicklung.